Montag, 24. November 2025

Carys Davies - Ein klarer Tag


 

 

Warum es sich zu lesen lohnt: 


„Ein klarer Tag” von Carys Davies ist ein leises, präzise erzähltes Buch, das unaufgeregt bleibt und gerade dadurch so viel Tiefe entfaltet. Ein Priester wird 1843 im Auftrag der Krone geschickt, um einen Mann von einer winzigen schottischen Insel zu holen – einen Mann, der dort seit Jahren einfach nur lebt und niemandem etwas tut. Was wie eine nüchterne Pflichtaufgabe klingt, entwickelt sich zu einer unerwartet dichten Begegnung zweier Männer, die einander eigentlich fremd bleiben müssten und sich trotzdem Schritt für Schritt annähern. Nicht durch große Gespräche, sondern durch Beobachtung, Respekt und die Tatsache, dass sie auf engem Raum nicht aneinander vorbeikommen.

Davies schreibt reduziert und schnörkellos. Die Natur, die Arbeit und der Rhythmus des Insellebens übernehmen das Erzählen. Besonders eindrücklich fand ich die beschriebene Einsamkeit des Inselbewohners Ivar, die erst durch den Besucher richtig sichtbar wird. In kleinen Momenten zeigt sich, wie sehr ihm menschliche Nähe gefehlt hat, ohne dass er es selbst merkt oder benennen kann.

Gleichzeitig spürt man, wie überfordert der Priester mit seinem Auftrag ist. Er ist ein gutmütiger, eher milder Mensch, der dieser harten Aufgabe moralisch kaum gewachsen ist. Gerade diese innere Unsicherheit macht die vorsichtige Annäherung zwischen den beiden so glaubwürdig und berührend.

Ein schmales, unaufdringliches Buch, das durch seine Klarheit überzeugt und sich Zeit für Nuancen nimmt. Ideal für alle, die subtile zwischenmenschliche Dynamik und eine starke Atmosphäre schätzen – ohne große Dramatik.
Für mich war das Buch ein echtes Highlight. 

 

Inhalt:

"Es ist ein kalter Sommertag 1843, als John Ferguson nach einer stürmischen Überfahrt die kleine, karge Insel im Nordmeer erreicht. Für einen Monat ist der verarmte Pfarrer von der schottischen Freikirche hierhergeschickt worden, um Ivar, den letzten verbliebenen Bewohner, von der Insel wegzuschaffen. Im Auftrag des Gutsbesitzers soll er den großen, stillen Mann samt seinen wenigen Habseligkeiten mit dem nächsten Schiff nach Aberdeen bringen, von seinem Zuhause verjagen. So wie all die Schafbauern in den Highlands, die im Zuge der »Clearances« bereits alles verloren haben. Trotz moralischer Bedenken hat der idealistische Ferguson diesen Auftrag angenommen. Seine Frau Mary indes befürchtet, dass ihr Mann nicht von dieser Reise zurückkehren könnte. Zu naiv, zu weltfremd, zu gutgläubig ist er. Und tatsächlich stürzt Ferguson schon kurz nach seiner Ankunft von einer Klippe und verletzt sich schwer. Er ist dem Mann ausgeliefert, den er von dem Eiland vertreiben soll. Und dessen Güte Fergusons Gewissen vor eine schwierige Entscheidung stellt."

Quelle: https://www.penguin.de

 

Über das Buch:

 
Ausgabe: Hardcover, mit Schutzumschlag, 224 Seiten, 12,5x20,0cm 
Erschienen am:14.08.2024
Originaltitel: CLEAR
Übersetzung: Aus dem Englischen von Eva Bonné 
ISBN:978-3-630-87770-9
Verlag:Luchterhand Literaturverlag
Originalverlag:Simon & Schuster
24,00 €