Mittwoch, 11. Dezember 2019

Tom Saller - Ein neues Blau


Warum es sich zu lesen lohnt:

 

In diesem Roman stehen zwei Frauen im Mittelpunkt: Die 18jährige Anja, im Berlin der 80er Jahre und Lili, eine alte Dame, die zurückgezogen in ihrem Haus mit Garten lebt.  Das Buch hat mich durch Lilis Lebensgeschichte inspiriert, die sich zwischen Judentum, Christentum, japanischer Kultur, Nationalsozialismus, Porzellanmalerei und Bauhaus entfaltet. Zwischen den Begegnungen von Anja und Lili in der Gegenwart, gibt es immer wieder Rückblicke in Lilis interessante Vergangenheit.

Lilis Lebensgeschichte ist der Weg einer mutigen Frau, auf der Suche nach ihrer Identität. Viele verschiedene Kulturen haben sie in ihrer Kindheit geprägt. Das hat sie einerseits zu einer offenen und interessierten Frau werden lassen, andererseits hat es in ihr oft das Gefühl erzeugt, nirgendwo richtig dazuzugehören. Unbeirrbar geht sie ihren Weg und muss dabei einige Schicksalsschläge verkraften.
"Sie leidet. Die Leiden einer jungen Frau, die in ihrem Inneren den Verlust von jemanden fühlt, den sie offenbar nie besessen hat. Das Fehlen eines Geliebten, der scheinbar vor allem in ihrer Vorstellung existiert hat. Ein seltsamer Gedanke: die Abwesenheit des Nichts. Das größte anzunehmende Minimum."
Der Autor greift in seinem Roman so viele Themen auf, dass das Buch auf keiner Seite langatmig wird. Im Gegenteil, hin und wieder hat es mich dazu verleitet, ein wenig nebenher zu recherchieren, z.B. über das Bauhaus, Marguerite Friedlaender und ihre Arbeit am Flughafengeschirr "Hermes". Ich liebe es, wenn Bücher in mir den Wunsch wecken, mehr wissen zu wollen. Der unterhaltsame, manchmal poetische Schreibstil, lies mich zudem sofort in die Geschichte eintauchen.


Inhalt:

"Eine junge Frau geht ihren Weg als Porzellanmalerin der KPM

Als Lilis Mutter früh stirbt, kümmert sich ihr Vater Jakob rührend um sie. Aber erst als sie Günther von Pechmann kennenlernt, den Direktor der Königlichen Porzellan-Manufaktur, findet sie ihre Bestimmung: die Welt des Porzellans. Doch die Nationalsozialisten kommen an die Macht und Lili muss aus Berlin fliehen.

Fünfzig Jahre später lebt Lili wieder in Charlottenburg, zurückgezogen in ihrem Haus mit dem japanischen Garten. Sie spricht nicht viel über sich und ihr bewegtes Leben. Erst die 18-jährige Anja, widerspenstig und quer, kann Lili dazu bewegen, sich ihr zu öffnen. Stück für Stück enthüllt sich Lilis Geschichte, doch auch Anja hat ein Geheimnis. Welche Rolle spielt dabei die schlichte Porzellanschale, die die alte Frau wie einen Schatz hütet?"

Quelle:  https://www.ullstein-buchverlage.de/nc/buch/details/ein-neues-blau-9783471360040.html

 

Über das Buch: 

 

Verlag: List
Hardcover mit Schutzumschlag
416 Seiten
ISBN-13 9783471360040
Erschienen: 30.08.2019
20,00 €

 

 



Montag, 2. Dezember 2019

Jocelyn de Kwant - My mindful flow - 365 Ideen für ein achtsames Jahr


Warum es sich zu lesen (darin zu blättern, malen, schreiben und zu kritzeln) lohnt:

 

Achtsamkeit ist in aller Munde, mit Sicherheit ist es gerade auch ein wenig Mode, sich damit zu beschäftigen. Ich finde es dennoch lohnenswert, denn zwischendurch im Alltagsstress innezuhalten ist immer eine gute Idee und dieses Buch hilft dabei.

Es gibt auf eine ansprechende Art und Weise Impulse für mehr Achtsamkeit im Leben. Es fordert zum malen, zeichnen ("Zeichne das Cover deines Lieblingsbuchs oder deiner Lieblingszeitschrift"), schreiben ("Scheibe ein kleines Gedicht über den Tag") kritzeln, kleben ("Such nach Stickern auf Obst und kleb hier einen auf"), nachdenken und innehalten auf.

Aufgeteilt ist es in verschiedene Bereiche, z.B. Alltag, Kreativität, Essen, Nichtstun. Ob man sich nun jeden Bereich nacheinander vornimmt, oder einfach durchblättert und sich inspirieren lässt, bleibt natürlich jedem selbst überlassen. Da es 365 Impulse sind, könnte man das Buch auch als Begleiter für das kommende Jahr 2020 nehmen und sich jeden Tag von einer anderen Idee inspirieren lassen.

Die Autorin ist Journalistin bei der Zeitschrift "Flow" und das Buch erinnert optisch stark an das Magazin und ist toll gestaltet.  Allein darin zu blättern, lässt mich schon entspannen und abschalten und ich werde mich jetzt gleich mal der ersten Idee widmen: "Welches sind deine drei liebsten Gerüche? Male sie hier auf."


Inhalt:

"Raus aus dem Autopiloten und rein ins Leben! Mit Augen öffnenden Anregungen, inspirierenden Aufgaben und fantasievollen Übungen, um das Hier und Jetzt zu erkunden, ermutigt dieses Buch zu mehr Achtsamkeit und Auszeiten im Alltag. 365 liebevoll illustrierte Ideen zelebrieren das Glück der kleinen Momente: Einfach hinhören, hinschauen, durchatmen, sich mit allen Sinnen öffnen, kreativ werden und den Kopf freimachen, um jeden Tag bewusst zu leben."

Quelle: https://www.randomhouse.de/Paperback/My-Mindful-Flow/Jocelyn-de-Kwant/Suedwest/e534382.rhd

 

Über das Buch:

 

Originaltitel: Creative Flow. A Year In My Mindul Life
Originalverlag: Leaping Hare Press/Quarto Publishing
Mit Illustrationen von  Sanny van Loon
Paperback , Klappenbroschur, 240 Seiten, 14,0 x 21,0 cm
farbige Abbildungen
ISBN: 978-3-517-09676-6
Erschienen am  15. Februar 2018
15,00 €
Verlag: Südwest Verlag 

 


Freitag, 29. November 2019

Alexa Hennig von Lange - Die Weihnachtsgeschwister

 

Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Weihnachten ist die Zeit, in der man mit Familienmustern konfrontiert wird, die man glaubte, längst hinter sich gelassen zu haben. Man kehrt nach Hause zurück, an den Ort der Kindheit und Jugend und muss sich dort plötzlich auch wieder mit kindlichen und jugendlichen Themen und Gefühlen auseinandersetzen. Ich finde es jedes Jahr wieder spannend und war deswegen sehr neugierig auf das Buch von Alexa Hennig von Lange, in dem sie genau das thematisiert.

Drei erwachsene Geschwister kehren in das Haus ihrer Kindheit zurück. Raus aus ihrem eigenen Leben mit ihren Sorgen und ihrem Glück, hinein in das Haus der Eltern, um dort gemeinsam das Weihnachtsfest zu verbringen. Es kommt zu Spannungen, die die Autorin aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und unterhaltsam beschreibt. Jede*r fällt in alte Muster zurück und die eigentliche Absicht eines gemeinsamen und friedlichen Festes, gerät immer mehr in den Hintergrund. Im Vordergrund stehen plötzlich Streit, alte Verletzungen und kleine Boshaftigkeiten. Am Mittag des heiligen Abends sind die Eltern dann plötzlich verschwunden. Die Geschwister fühlen sich in die Vergangenheit zurückgeworfen und reagieren auf ihre individuelle Weise auf das Verschwinden der Eltern. Die Beschreibung der Gedanken und Emotionen, hat das Buch für mich so lesenswert gemacht:
"Die Vorstellung, ohne Eltern sein zu müssen, war kaum zu ertragen. An wem sollte sie sich orientieren? Nur durch diese beiden hatte sie die diffuse Sicherheit, dass sie im Zweifelsfall gehalten und beschützt wurde. Ihre Eltern standen wie eine unsichtbare Schutzmauer zwischen ihr und der restlichen Welt...Solange ihre Eltern da waren, konnte sie nach Hause kommen."
Ich habe das Buch in einem Rutsch durchgelesen, es hat mich emotional sehr berührt, da es sich wirklich um eine stimmige und schöne Weihnachtsgeschichte handelt, die kein bisschen kitschig ist. Ich werde das Buch meiner Familie unter den Weihnachtsbaum legen und uns damit vielleicht an etwas erinnern, was wir in unserer Familie zwar wissen, aber nicht immer vor Augen haben und manchmal vor lauter Weihnachtsgetue vergessen:
"Es war Heiligabend. Dies war ihr Zuhause. Sie waren erwachsen. Und sie waren voller schöner Erinnerungen und Dankbarkeit für das, was sie von ihren Eltern gelernt und bekommen hatten. Sie waren bereit, anzuerkennen, dass jeder seinen eigenen Weg ging und sie dennoch für immer verbunden blieben." 


Inhalt:

 

Es ist Weihnachten und nacheinander trudeln die Geschwister Tamara, Ingmar und Elisabeth mit ihren Kindern und Partnern im Haus ihrer Eltern ein. Schneeflocken fallen sanft vom Himmel und wie jedes Jahr weckt das vertraute Heim für einen Moment die Hoffnung auf ein besinnliches Fest. Doch sobald alle an einem Tisch sitzen, ist es mit dem Frieden vorbei: Tamara ist neidisch auf Elisabeth, die nicht nur beruflich erfolgreicher ist, sondern jetzt auch noch diesen attraktiven neuen Freund mitgebracht hat. Ingmar ärgert sich über Tamaras mangelndes Interesse an ihren Mitmenschen und dem Klimawandel. Elisabeth versucht wie immer, zu allen nett zu sein, und macht es dadurch nur noch schlimmer.
Nach einer Nacht im Hotel kommen die drei Geschwister an Heiligabend wieder am Elternhaus zusammen. Aber zu ihrer großen Überraschung öffnet ihnen niemand die Tür. Wo sind die Eltern? Um das Rätsel zu lösen, begeben sich Tamara, Elisabeth und Ingmar auf eine Spurensuche zurück in ihre glückliche Kindheit. Und finden eine magische Botschaft für ihre Zukunft.

Quelle: https://www.dumont-buchverlag.de/buch/hennig-von-lange-weihnachtsgeschwister-9783832197759/

Über das Buch:

 

160 Seiten, gebunden mit Lesebändchen
Erscheinungstag: 01.10.2019
ISBN 978-3-8321-9775-9
Hardcover
18,00€
Verlag: DuMont Buchverlag


Samstag, 23. November 2019

Kalender 2020 - Abreißen, loslassen.

 

Warum er sich zu lesen lohnt:

 

Zu lesen gibt es jeden Tag nur einen einzigen Satz, ein Zitat einer berühmten Persönlichkeit, welches man mit in den Tag nehmen kann. Unterlegt in einer schönen Farbe im Design der Diogenesbücher, versehen mit dem Tagesdatum.

Ich mag Abreißkalender und verwende die abgerissenen Zettel gerne als Einkaufszettel oder verschicke sie mit einem kleinen persönlichen Gruß an Freunde. Es ist schön in den Tag zu starten mit einem Satz wie: "Gelassenheit ist die Folge akzeptierter Unsicherheit" oder "Das Großartige kann nicht artig sein." Manchmal bringen mich die Zitate zum schmunzeln, ein anderes mal regen sie mich zum Nachdenken an.

Ein schönes Weihnachtsgeschenk für Menschen, die Zitate und puristisches Design mögen.

 

 

Inhalt:

"365 großartige, überraschende, tiefgründige, humorvolle, wegweisende, freche, anregende, Mut machende Gedanken von großartigen Persönlichkeiten."

Quelle: https://www.diogenes.ch/leser/titel/untitled/abreissen-loslassen-2020-9783257510805.html



Über den Kalender:

 

Kalender
365 Seiten
erschienen am 26. Juni 2019
Verlag: Diogenes
ISBN 978-3-257-51080-5
€ (D) 16.00



Montag, 11. November 2019

Sally Rooney - Gespräche mit Freunden



Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Dieses Buch hat einen ziemlichen Hype ausgelöst und ich war sehr neugierig darauf, es zu lesen. Es hat eine Weile gedauert, bis es mich in seinen Bann gezogen hat, dann jedoch mit voller Wucht.
 
384 Seiten lang habe ich die 20jährige Frances begleiten dürfen und dabei viel über ihre Gedanken zu Liebe, Freundschaften, Beziehungen, Geld, Macht, Kapitalismus und Krankheit erfahren. Ihre Gedanken sind klug, sie ist reflektiert, aber eben auch jung und teilweise überfordert mit dem Leben und seinen Herausforderungen:
"Manchmal kam es mir so vor, als würde ich es nicht schaffen, mich für mein eigenes Leben zu interessieren, und das deprimierte mich."
Die Handlung ist fast banal: Eine junge Frau verliebt sich in einen deutlich älteren, verheirateten Mann und beginnt eine Affäre mit ihm. Es ist nicht die Handlung, es sind die Dialoge und die Sprache, die dieses Buch so besonders machen und das Lebensgefühl Anfang Zwanzig  auf den Punkt bringen:
„Das nicht existente Baby ging in eine neue Kategorie der Nichtexistenz ein, das heißt, es gehörte nun zu den Dingen, die nicht aufgehört hatten zu existieren, sondern tatsächlich niemals existiert hatten. Ich fühlte mich dumm, und die Vorstellung, dass ich je schwanger gewesen war, schien jetzt wehmütig naiv.“
Die Dialoge sind brillant, egal ob sie zwischen Frances und ihren Freund*innen, ihren Eltern oder dem Arzt stattfinden, der sie wegen ihrer schlimmen Unterleibsschmerzen untersucht. Als ich das Buch zugeklappt habe, hatte ich das Gefühl Frances und ihre Mitmenschen über einen längeren Zeitraum "belauscht" zu haben.

Ich mag es, mit Menschen verschiedenen Alters in Kontakt zu sein und bin dankbar, sowohl gleichaltrige, jüngere, sowie ältere Freund*innen zu haben. Dieses Buch war für mich so lesenswert, weil es mich mit der Lebenswelt einer 20jährigen in Berührung gebracht hat, ohne mich anzustrengen oder banal zu wirken.


Inhalt:

"Frances und ihre Freundin Bobbi, Studentinnen in Dublin, lernen das gut zehn Jahre ältere Ehepaar Melissa und Nick kennen. Sie treffen sich bei Events, zum Essen, führen Gespräche. Persönlich und online diskutieren sie über Sex und Freundschaft, Kunst und Literatur, Politik und Genderfragen und, natürlich, über sich selbst. Während Bobbi von Melissa fasziniert ist, fühlt sich Frances immer stärker zu Nick hingezogen … Ein intensiver Roman über Intimität, Untreue und die Möglichkeit der Liebe, eine hinreißende, kluge Antwort auf die Frage, wie es ist, heute jung und weiblich zu sein."
Quelle: https://www.randomhouse.de/Buch/Gespraeche-mit-Freunden/Sally-Rooney/Luchterhand-Literaturverlag/e512979.rhd 


Über das Buch:

 

Originaltitel: Conversations with Friends
Originalverlag: Faber & Faber
Hardcover mit Schutzumschlag, 384 Seiten, 13,5 x 21,5 cm
ISBN: 978-3-630-87541-5
Erschienen am 22. Juli 2019
Verlag: Luchterhand
20,00 €





Donnerstag, 31. Oktober 2019

Giulia Becker - Das Leben ist eins der Härtesten


Warum es sich zu lesen lohnt:


Sie sind mir schon nach wenigen Seiten ans Herz gewachsen:

Silke, die bei der Bahnhofsmission arbeitet und jeden Cent umdrehen muss, seit sie einmal im Zug eine Panikattacke hatte und die Notbremse gezogen hat. Sie hat ein Helfersyndrom und kann nur schwer Nein sagen. Viel zu oft, fühlt sie sich für das Wohl der Anderen verantwortlich und viel zu selten, für ihr eigenes.
Willy Martin, ein gutherziger Mann, der beim Online-Kniffel eine Frau kennenlernt und sie und ihren schrecklichen, stinkenden Hund nur mit Mühe und Not wieder los wird.
Renate, die seit dem dramatischen Tod ihres heißgeliebten Hundes namens Mandarine Schatzi zuviel trinkt und Dinge beim Teleshopping bestellt.
Und Frau Goebel, Silkes Nachbarin, deren Leben dem Ende zugeht und die noch einen letzten Wunsch hat: Ein Besuch im Tropical Island - einem Freizeitpark mit blauer Lagune und fliegenden Heißluftballons.

Und so brechen die Vier eines Tages durch Zufall zu einer gemeinsamen Reise auf, um Frau Goebel diesen Wunsch zu erfüllen. Sie alle haben etwas gemeinsam: Sie versuchen sich nicht unterkriegen zu lassen, obwohl das Leben es oft nicht so gut mit ihnen meint.

""Das Leben ist eins der Härtesten", hatte Silkes Oma immer zu ihr gesagt, wenn die Depressionen im Winter wieder schlimmer wurden und ihr nichts anderes mehr übrigblieb, als über die ganze Sache zu lachen. Es war ein verzweifeltes Lachen, ein alternativloses, aber eben auch ein Lachen."

Silke, Willy Martin, Renate und Frau Goebel sind Menschen, die sonst keiner sieht und über die auch keiner schreiben würde. In diesem Roman werden sie zu liebenswerten Held*innen.  Die Autorin beschreibt sie witzig, ironisch, manchmal zynisch, aber sie stellt sie niemals bloß. Ein Buch, dass mich emotional berührt und zum Lachen gebracht hat.


Inhalt:

"Giulia Becker, Autorin beim Neo Magazin Royal, erzählt in ihrem Debütroman eine grandiose Geschichte voller Wärme und Humor, mit wunderbar wundersamen Charakteren. Vier Menschen stehen vor Problemen: Silke vor ihrem Exmann, Willy-Martin vor einem sabbernden Hund, Renate vor einem Berg Teleshopping-Impulskäufen und Frau Goebel vor dem Tod. Alle vier beschließen davonzulaufen; auf einem turbulenten Abenteuertrip vom beschaulichen Borken ins ostdeutsche Paradies Tropical Islands und zurück. Giulia Beckers Figuren bewegen sich in einer Welt, die zu viele Fallstricke legt und zu wenig Hauptgewinne zu verteilen hat. Sie verlieren viel, aber gewinnen einander, und welches Glück könnte größer sein?"

Quelle: https://www.rowohlt.de/hardcover/giulia-becker-das-leben-ist-eins-der-haertesten.html


Über das Buch:


Verlag: Rowohlt
Erscheinungstermin: 26.03.2019
224 Seiten
ISBN: 978-3-498-00689-1
20,- €



Sonntag, 13. Oktober 2019

Lola Randl – Der grosse Garten



Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Ich weiß nicht, ob das Buch ein Roman, eine Enzyklopädie oder eine Autobiografie ist. Es ist von allem etwas. Und es hat mich glänzend unterhalten.

Ein Roman ist es, weil die Geschichte einer Frau erzählt wird, die aufs Land zieht und beschliesst einen Garten anzulegen. Wir erfahren etwas über ihr Verhältnis zur Mutter, zum Ehemann, ihrem Psychiater (mit dem sie eine Affäre hat) und ihrem Liebhaber aus dem Dorf. Der Erzählstil ist spöttisch und voller Ironie und hat mir gut gefallen.
"Ein Garten ist immer ein Kampf zwischen den eigenen Vorstellungen und äußeren Gegebenheiten."
Eine Enzyklopädie ist das Buch aber auch, denn es hat keine Kapitel, sondern Stichworte (z.B. Bienen, Eisheilige, Feldmaus). Dennoch hat es einen roten Faden und eine Story, die sich durch das Buch hindurchzieht. Allein diese besondere Erzählweise macht es für mich lesenswert. Und weil Lola Randl tatsächlich mit ihrem Mann aufs Land gezogen ist, um der Großstadt zu entfliehen und zu gärtnern, ist das Buch in Teilen angeblich sogar autobiografisch. Es steckt außerdem voller Tipps zur Gartenarbeit und kleinen Lebensweisheiten und ist dabei lehrreich und unterhaltsam.
"Wenn Gott in allen Dingen und Kräften steckt, sind alle Dinge und Kräfte zusammengenommen wieder Gott." 
Lesenswert für Gartenliebhaber*innen und Leser*innen, die sich auf einen besonderen Erzählstil einlassen wollen.


Inhalt:

 

"»Ein Trieb wird als unwiderstehlicher Drang empfunden. Pflanzen und Tiere denken gar nicht daran, diesem Trieb etwa entgegenzusetzen, wohingegen der Mensch seine Triebe immer häufiger aufschiebt oder umwandelt.«
 Ein Roman über die Schwierigkeit, auf dem Land der Fülle des modernen Lebens zu entkommen und in Ruhe sein Gemüse zu ziehen. Und wenn sich dann zum Mann und den Kindern noch die Mutter, ein Liebhaber, ein Analytiker und Wühlmäuse in den Garten gesellen, weiß selbst die Therapeutin aus der Stadt nicht mehr weiter.
Eines Tages beschließt die Filmemacherin Lola Randl dem Berliner Stadtleben den Rücken zu kehren und in Ruhe einen Garten zu bewirtschaften. Im Herzen der Uckermark, dem am wenigsten bevölkerten Landstrich Westeuropas, beschäftigt sie sich mit Saatzeiten und Bodenqualitäten, Schädlingen und Unkraut, Beschnitt und Lagerungstechniken. Doch so richtig will die Hinwendung zur Natur und einem einfachen, unkomplizierten Leben nicht gelingen: zum Ehemann gesellt sich der Liebhaber, und als das Verhältnis mit ihrem Analytiker zu eng wird, wird dieser von einer Therapeutin abgelöst. Während Randl die Stadt aufs Land bringt und versteht, dass man vor sich selbst nicht davonlaufen kann, beginnt der Garten ebenso bunt zu blühen wie das Dorfleben, bereichert um kochende Japanerinnen, Künstler, Utopisten und Glückssucher aller Art."

Quelle: https://www.matthes-seitz-berlin.de/buch/der-grosse-garten-ebook.html

 

Über das Buch:

 

320 Seiten, Hardcover gebunden
Erschienen: 2019
ISBN: 978-3-95757-709-2
Preis: 22,00 €
Verlag: Matthes & Seitz Berlin 

 


Sonntag, 6. Oktober 2019

Elli H. Radinger – Die Weisheit Alter Hunde



Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Wenn man sich einen quirligen, aufgeweckten Welpen ins Haus holt, weiß man, dass man sich sehr wahrscheinlich eines Tages von diesem geliebten Tier verabschieden muss, weil es sterben wird. Man ahnt, wie schrecklich schwer das werden wird und fürchtet diesen Tag, aber verdrängt den Gedanken daran und geniesst die gemeinsame Zeit. Das ist auch gut so. Je älter der  Hund jedoch wird, je mehr kommt die Gewissheit, dass der Tag des Abschieds näher rückt.

Meine Hündin war 13,5 Jahre bei mir. Ich habe so viel mit ihr erlebt und bin dankbar, um jeden einzelnen Tag mit ihr. Dankbar, sie durch alle Lebensphasen begleitet zu haben. In ihrer letzten Lebensmonaten hat mir eine Freundin dieses Buch geschenkt und mir damit eine riesige Freude gemacht und mich manche Dinge anders sehen lassen.
"Unsere vierbeinigen Gefährten in ihren letzten Wochen und Tagen begleiten zu können, ist eine besondere Gnade und ein großes Geschenk, das wir dankbar annehmen sollten. Es ist ein erfüllendes Erlebnis und eine tief greifende Erfahrung. Und so schmerzhaft dieser Prozess auch ist, wir wachsen daran."
Das Buch zeigt auf wunderschöne Weise, dass es zwar traurig ist, wenn man mitbekommt, wie der geliebte Hund schwächer und kränker wird, aber es auch etwas sehr Schönes ist, wenn man in dieser Phase an seiner Seite sein kann. Wir können so viel lernen von unseren Hunden, wenn sie alt sind, zum Beispiel Geduld und Gelassenheit:
"Wir, die mit einem alten Hund leben, lernen, den eigenen rasanten Lebensrhythmus seiner langsamen Gangart unterzuordnen. Dass wir Geduld brauchen, wird uns immer dann bewusst, wenn wir im Begriff sind, sie zu verlieren."
Dieses Buch hat mich darin unterstützt mich auf die Bedürfnisse meiner Hündin in ihrer letzten Lebensphase einzulassen. Ihr ganzes Leben, hat sie sich an mein Leben angepasst. Und jetzt war ich dran, mich an ihres anzupassen. Immer öfter habe ich sie entscheiden lassen, wo und wie lange sie spazieren gehen möchte, wann sie Fressen mag und wo sie am liebsten schlafen möchte. In dieser Phase habe ich so unendlich viel von ihr gelernt und gespürt, wie gut wir uns in all den Jahren kennen gelernt haben. Das Buch widmet sich auch dem Thema Tod und die Worte, die ich darin gelesen habe, haben mir sehr geholfen, meine Hündin schließlich gehen zu lassen.

Für alle Hundehalter*innen, deren Hunde alt sind, ist dieses Buch eine echte Bereicherung.


Inhalt:

"Hunde sind großartig – egal in welchem Alter! Das Leben mit einem alten Hund und die Begleitung in seinen letzten Jahren öffnen unsere Augen und unser Herz. Alte Hunde können uns viel beibringen: Nimm jeden Tag als Geschenk; bereue nichts; kümmere dich um dein Rudel; erkenne, was wirklich zählt; nimm hin, was nicht zu ändern ist; vergib, solange du lebst; du bist nie zu alt für neue Tricks; das Alter ist eine Frage der Einstellung – und vieles mehr. Elli H. Radinger, Wolfs- und Hundeexpertin, erzählt spannende Geschichten, die exemplarisch stehen für Vertrauen, Geduld, Achtsamkeit, Dankbarkeit, Intuition, Liebe, Vergebung und Witz, aber auch für den Umgang mit Trauer und Verlust. Ein warmherziges und verblüffendes Kompliment an den besten Freund des Menschen."
Quelle: https://www.randomhouse.de/Buch/Die-Weisheit-alter-Hunde/Elli-H-Radinger/Ludwig/e539575.rhd 


Über das Buch:

 

Hardcover mit Schutzumschlag, 320 Seiten, 12,5 x 20,0 cm
24 S. Farbbildteil
ISBN: 978-3-453-28108-0
Erschienen am  01. Oktober 2018
Verlag: Ludwig Verlag
22,00 [D]

 



Sonntag, 15. September 2019

Leila Slimani - All das zu verlieren

 

Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Adèle ist gelangweilt von ihrem Leben an der Seite ihres Mannes in Paris. Sie versucht immer wieder verzweifelt  "normal" zu sein und sich in ihr Leben einzufügen:
"Sie wird ihr Leben ausmisten, sich nach und nach ihrer Ängste entledigen. Sie wird tun, was von ihr verlangt wird."
Es klappt nicht. Immer wieder geht Adèle mit fremden Männern ins Bett und lässt sich teilweise von ihnen körperlich misshandeln, um sich zu spüren. Sie ist süchtig nach Sex und dem Kick, den es ihr gibt, Männer zu verführen.

Die Autorin beschreibt Adèles Zwiespalt eindrucksvoll, ihr Schreibstil ist klar, fast brutal, sie beschönigt nichts. Auch wirft sie einen Blick auf Adèles Mann, der eines Tages herausfindet, dass seine Frau ein Doppelleben führt:
"Er hätte jemanden anrufen, sich an der Schulter eines Freundes ausweinen können. Doch wie hätte er es erzählen sollen? Was hätte er sagen sollen? Adèle glaubt sicher, dass er aus Scham mit niemanden darüber spricht. Dass er lieber sein Gesicht wahrt, als den Beistand freundschaftlichen Mitgefühls zu suchen. Sie muss denken, dass er Angst hat, als Gehörnter dazustehen, gedemütigt. Doch er pfeift darauf, wie die anderen ihn sehen. Er fürchtet vielmehr, was sie über Adèle sagen werden, wie sie sie abstempeln, sie heruntermachen werden. Am meisten fürchtet er, dass sie ihn zu einer Entscheidung drängen, dass sie mit überzeugter Miene sagen: "Unter diesen Umständen, Richard, kannst du sie nur verlassen." Über Dinge zu reden macht sie irreversibel."
Ein schonungsloser Roman, der einen Blick hinter die Fassade einer perfekten, kleinen Familie wirft und dabei hervorragend beschreibt, was in den Figuren vorgeht. 


Inhalt:

"Nach außen hin führt Adèle ein Leben, dem es an nichts fehlt. Sie arbeitet für eine Pariser Tageszeitung, ist unabhängig. Mit ihrem Ehemann, einem Chirurgen, und ihrem kleinen Sohn lebt sie in einem schicken Viertel, ganz in der Nähe von Montmartre. Sie reisen, sie fahren übers Wochenende ans Meer. Dennoch macht Adèle dieses Leben nicht glücklich. Gelangweilt eilt sie durch die grauen Straßen, trifft sich mit Männern, hat Sex mit Fremden. Sie weiß, dass ihr die Kontrolle entgleitet. Sie weiß, dass sie ihre Familie verlieren könnte. Trotzdem setzt sie alles aufs Spiel."

Quelle: https://www.randomhouse.de/Buch/All-das-zu-verlieren/Leila-Slimani/Luchterhand-Literaturverlag/e503406.rhd

 

Über das Buch:

 

Aus dem Französischen von Amelie Thoma
Originaltitel: Dans le jardin de l'ogre
Originalverlag: Gallimard
Hardcover mit Schutzumschlag, 224 Seiten, 13,5 x 21,5 cm
ISBN: 978-3-630-87553-8
Erschienen am  13. Mai 2019
Verlag: Luchterhand

 




Freitag, 13. September 2019

Jennifer und Peter Glas - Roadtrip / Eine Liebesgeschichte



Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Erst letztes Jahr habe ich für mich das Reisen in Form von Roadtrip/Camping entdeckt. Man verzichtet auf Komfort, ist den ganzen Tag und die ganze Nacht an der frischen Luft und entdeckt, was "Der Weg ist das Ziel" eigentlich bedeutet. Ich hätte nie gedacht, dass mir diese Art des Reisens soviel Freude bereitet und habe eine ungeahnte Leidenschaft entdeckt. Vielleicht hat mich dieses Buch deswegen direkt angesprochen. 

Sofort haben Titel und Cover mein Interesse geweckt. Als ich dann las, dass Jen und Peter sich gerade mal 4 Monate kannten, als sie beschlossen die Welt in einem Unimog zu bereisen, war meine Leselust geweckt. 

Das Buch ist voller wunderschöner Bilder dieser Reise, Landkarten mit Reisehighlights, Routen, schönen Stellplätzen und Texten über Reiseeindrücke der Beiden. Sie waren mir vom ersten Moment an sympathisch und als ich das Buch öffnete und darin zu blättern begann, war ich oft sehr berührt von den Fotos und Worten:

"Plötzlich wird es spürbar wärmer. Der letzte Tag des Aprils zeigt sein wechselhaftes Gesicht. Die Sonne kommt hinter den Bergen hervor. Die Umgebung verändert sich deutlich, es stellt sich ein Gefühl ein, das ich nur von Urlaubsreisen kenne. Ein Prickeln, eine Aufgeregtheit, ein Bewusstsein dafür, dem Alltag eine Weile zu entkommen."

Am liebsten würde ich gerne noch viel mehr über das Paar erfahren - manchmal schreiben sie zwar über Strapazen der Reise und Pannen, aber das wird immer nur kurz angerissen. Von mir aus hätten sie noch viel mehr über ihre Erlebnisse berichten können und wie diese ihre Beziehung zueinander gepräg haben. 

Ich bin dankbar, dass ich ein wenig an Jennifers und Peters großartigen Reise teilhaben konnte. Das Buch ist eine wirklich große Inspiration, in vielerlei Hinsicht. Ich werde wohl noch oft darin blättern und mich berühren lassen. Fest steht: Der nächste Roadtrip kommt bestimmt.


Inhalt:

 

"Ihre Geschichte ist eine große Liebeserklärung: ­An die endlosen Straßen, an ihre Heimat auf vier ­Rädern und an all die nahen und fernen Länder und ihre vielen Wunder. Gemeinsam wagen Jen und Peter den Neuanfang, und starten in das Abenteuer ihres Lebens.
Die abenteuerliche Hochzeitsreise von München über den Balkan, Iran, Oman, Indien und Südostasien bis nach Wladiwostok verfolgen tausende Fans auf ihrem Blog Glaarkshouse.
Sie entdecken zahlreiche Sehnsuchtsorte: das tobende Leben asiatischer Metropolen, die absolute Einsamkeit des Himalayas, die endlose Weite der Mongolei. Doch am allerstärksten beeindrucken sie die vielen Begegnungen mit Menschen, die sie überall willkommen heißen.

30 Monate lang bereisen Jen und Peter Asien und Europa – und finden dabei heraus, was ihnen im Leben wirklich wichtig ist.

Quelle: https://www.reisedepeschen.de/verlag/shop/roadtrip-eine-liebesgeschichte/

 

Über das Buch:


35,00 €
Verlag: Reisedepeschen
ISBN: 978-3-96348-000-3

 


Montag, 26. August 2019

Franz Xaver Karl - Fünf Tage im Juli

 

 

 

Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Familien haben eine ganz eigene Dynamik. Ich stelle bei mir selbst immer wieder fest, wie ich im Umfeld meiner Familie in alte Rollen zurückfalle, von denen ich eigentlich dachte, dass ich sie längst hinter mir gelassen habe. Die Liebe, die mich zu meiner Familie verbindet, ist einzigartig und wundervoll, aber sie ist auch manchmal kompliziert. Erinnerungen und Gefühle aus der Kindheit spielen in die Gegenwart hinein, ob wir wollen oder nicht. Dieses Buch habe ich (wie passend) auf der Hin- und Rückfahrt zu einem Familienfest gelesen, vielleicht ist es mir deswegen ganz besonders nah gegangen.

Theo und Martha sind verheiratet und haben 3 erwachsene Kinder. Ruth, die mit ihrem Leben und ihrem Ehemann unzufrieden ist und versucht den Freund ihrer Tochter zu verführen.  Marie, die sich nach einer wilden, exzessiven Jugend schließlich als Künstlerin durchs Leben schlägt. Und Florian, der es in den Augen seiner Eltern zu nichts gebracht hat, er arbeitet als freier Mitarbeiter beim Rundfunk und hat nicht einmal ein richtiges Auto. Martha, Theos Frau, liebt ihren Garten und die Pflanzen, die darin gedeihen. Ihren Kindern und ihrem Mann gegenüber zeigt sie wenig Liebe und Fürsorge.

"Martha besaß die Fähigkeit und die Macht, ihre Kinder mit einem einzigen Satz zum Kochen zu bringen. Hilflose Wut über ungerecht empfundene Urteile - das kannten sie seit frühester Jugend. Frisuren, Kleider, Freunde, Berufe. Nichts konnte vor dem Urteil von Martha bestehen."

Theo liegt im Sterben und der Roman beschreibt die letzten 5 Tage seines Lebens. Die ganze Familie ist mit der Situation überfordert. Auch Theo selbst würde am liebsten einen Ausweg finden vor dem nahenden Tod. Martha kümmert sich noch mehr um ihre Pflanzen. Ruth versucht ihrem Vater auf dem Totenbett Geld abzuschwatzen und Marie sucht ihn, als er plötzlich noch einmal das Auto aus der Garage holt und davonfährt. Florian macht sich viele Gedanken über den bevorstehen Tod seines Vaters:

"Wenn sein Vater weg war, das wußte er, würde er zum ersten Mal wirklich erwachsen sein müssen. Vielleicht hatte er davor Angst. Niemand würde mehr für ihn einspringen, wenn etwas krumm liefe."

Dem Autor gelingt es, jede Figur so zu beleuchten, dass man ihr Verhalten und ihre Sicht auf das Leben nachvollziehen kann. Durch Rückblicke beschreibt er auch die Vergangenheit der Familienmitglieder, dadurch erhält man einen Einblick in die Kindheit von Ruth, Marie und Florian und erfährt, wie Martha und Theo ein Paar wurden. 

Der Roman läuft auf den Tod von Theo zu. Die Kinder kommen nach Hause, um bei ihm zu sein und die Fäden laufen an dieser Stelle zusammen. Die Familie ist versammelt und muss dem Thema Tod in die Augen sehen. Vieles haben sie in dieser Familie unter den Teppich gekehrt, der Tod lässt sich jedoch nicht unter den Teppich kehren.

Ein ganz toller und emotionaler Roman, der mir auch sprachlich sehr gut gefallen hat.


Inhalt:


"Mit realistischer Härte und in einer genauen und poetischen Sprache erzählt Franz Xaver Karl fünf entscheidende Tage aus dem Leben einer Familie. Über drei Generationen hinweg entfaltet sich ein Panorama voller unausgesprochener Sehnsüchte und verworfener Träume. Der Vater liegt im Sterben, und die Familienmitglieder sind konfrontiert mit ihren Hoffnungen und Verletzungen, ihren Prägungen und Erinnerungen, schließlich mit dem, was Liebe und Tod bedeuten. Dabei wird spürbar, wie fremd die Beteiligten einander sind. Sie zeigen sich in ihrer Verlorenheit und Absonderlichkeit, in ihrer Bösartigkeit und tiefen Verunsicherung während der Vater überlegt, wie er dem Tod noch entkommen könnte."
Quelle: Klappentext des Buches


Über das Buch:


Roman
256 Seiten, gebunden
Blumenbar, München 2007
ISBN 978-3-936738-29-2

Das Buch ist derzeit leider nicht lieferbar, man kann lediglich versuchen ein gebrauchtes Exemplar zu erstehen. Bei der Münchner Stadtbibliothek kann man es ausleihen.

Montag, 19. August 2019

Ian McEwan - Maschinen wie ich

 

Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Ian McEwan hat einen vielschichtigen, klugen Roman über künstliche Intelligenz, Moral und Beziehungen geschrieben, er vermischt darin Realität und Fiktion. Die Geschichte führt uns in die 80er Jahren nach London, Alan Turing (Computerpionier der Künstlichen Intelligenz) lebt noch und es gibt die ersten menschlich aussehenden Androiden zu kaufen.

Einen solchen kauft sich Charlie. Der Android heißt "Adam" und gemeinsam mit Miranda, der Frau, in die er sich gerade verliebt hat, legt er die Charaktermerkmale von Adam fest. Dies ist der Beginn einer komplizierten Dreiecksbeziehung. Adam entwickelt menschliches Verhalten, immer wieder ist man als Leser*in mit der Frage konfrontiert: Was genau unterscheidet Adam eigentlich von einem "richtigen" Menschen? Als Miranda eines Tages Sex mit Adam hat, kann sie Charlies Eifersucht nicht verstehen, denn in ihren Augen unterscheidet Adam doch nichts von einem Vibrator. Charlie hingegen, sieht das ganz anders und als er versucht, Adam an seinem Hauptschalter auszuschalten, bricht ihm dieser den Arm.

McEwan hat viel reingepackt in seinen Roman und manchmal waren es mir fast zu viele Ebenen, die er berührt. Miranda lebt mit einem Geheimnis und durch Adam wird dieses Geheimnis aufgedeckt und Charlie erfährt davon. Hier kommt das Thema Moral ins Spiel. Auch kommt das Paar durch Adam zu viel Geld und stellt sich die Frage, ob das moralisch vertretbar ist. Adam mischt sich mehr und mehr in das Leben des Paares ein und schon bald steht deren Leben komplett auf dem Kopf.

Am meisten hat mich persönlich die über allem stehenden Frage nach dem freien Willen an dem Buch begeistert. Die feinen Nuancen, die den Androiden Adam von einem Menschen unterscheiden, und wie sie immer schwerer zu greifen und zu benennen sind. 


Inhalt:

"Charlie ist ein sympathischer Lebenskünstler Anfang 30. Miranda eine clevere Studentin, die mit einem dunklen Geheimnis leben muss. Sie verlieben sich, gerade als Charlie seinen ›Adam‹ geliefert bekommt, einen der ersten lebensechten Androiden. In ihrer Liebesgeschichte gibt es also von Anfang an einen Dritten: Adam. Kann eine Maschine denken, leiden, lieben? Adams Gefühle und seine moralischen Prinzipien bringen Charlie und Miranda in ungeahnte – und verhängnisvolle – Situationen."
Quelle: https://www.diogenes.ch/leser/titel/ian-mcewan/maschinen-wie-ich-9783257609585.html

 

 

Über das Buch:

 

Hardcover Leinen
416 Seiten
erschienen am 22. Mai 2019
ISBN 978-3-257-07068-2
€ (D) 25.00 
Verlag: Diogenes Verlag


Freitag, 26. Juli 2019

The Gentle Temper - Take Me to the Lakes - München Edition


Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Nachdem ich schon seit 30 Jahren im Raum München lebe und Baden im See liebe, war ich neugierig auf dieses Buch und seine Empfehlungen.

Tatsächlich: Es sind einige Seen darin zu finden, von denen ich bisher noch nie etwas gehört hatte, z.B. der Thenner See in der Nähe von Freising. Aber auch meine wohlbekannten Lieblingsseen, wie der Starnberger See, der Wörthsee und der Große Ostersee sind in diesem wunderschönen Buch abgebildet.

Die Fotos sind geschmackvoll und dennoch realistisch, dies traf auch bei den beiden Seen zu, die ich aufgrund des Buches das erste Mal aufgesucht habe. Beides tolle Neuentdeckungen.

Vorne gibt es eine Übersichtskarte, an der man sich orientieren kann und so sofort sehen kann, welche Seen es denn im Norden, Süden, Osten und Westen von München zu entdecken gibt. Dann folgen wunderschöne Fotos der Badeseen, an denen ich mich gar nicht sattsehen kann. Auch gibt es immer eine Angabe darüber, wie lange man mit den ÖV von München aus hinfährt und wie lange mit dem Auto. Damit der Anblick der zauberhaften Seenbilder nicht durch langwierige Wegbeschreibungen gestört wird, befindet sich hinten ein Teil mit Maps und Geodaten der Badestellen.

Das Buch ist wirklich großartig, hübsch und praktisch zugleich und eine tolle Geschenkidee für alle, die in der Nähe von München leben und Seen lieben.

PS: Es gibt auch noch andere Editionen: Berlin, Hamburg und NRW.


Inhalt:

"In der Take Me to the Lakes – MÜNCHEN EDITION sammeln wir unsere 50 Lieblingsseen und stellen 200 Badestellen nördlich, südlich, östlich und westlich des Stadtzentrums vor. Ausgewählt wurden sie anhand der Wasserqualität, ihrer einzigartigen Lage und der beinahe unberührten Natur, die sie umgibt. Dieser Band weist den Weg zu Weihern, in denen wir schon als Kinder geschwommen sind, und versteckten Buchten, die Google Maps nur als blaue Flecken auf der Landkarte verzeichnet.
Unsere Reise führt durch die gesamte Region – von beliebten Strandbädern mit Rutschen und schwimmenden Pontons, über einsame Badestege bis hin zu Bergseen mit kristallklarem Wasser und Gipfelpanorama. Wir stellen aber nicht nur traumhafte Badeorte vor, sondern auch einzigartige Ferienhäuser, Hotels und liebevoll restaurierte Anwesen in Ufernähe. In den acht schönsten Unterkünften der Gegend wird der Tagesausflug zum Wochenendtrip."
Quelle: https://takemetothelakes.com/shop/take-me-to-the-lakes-muenchen-edition-deutsche-edition-1-auflage-softcover 


Über das Buch:

 

19,90 
1. Auflage, 2018 in Berlin gedruckt,
Softcover, 21,5×16,5, 296 Seiten,
50 Seen in und um München, über 200 Badestellen,
8 Unterkünfte am See mit weiteren Seen.
ISBN: 978-3-9818497-5-2

 


Dienstag, 9. Juli 2019

Dolores Redondo - Alles was ich dir geben will




Warum es sich zu lesen lohnt:


Sommerwetter ist Lesewetter - am besten im Schatten, in der Hängematte mit einem dicken Schmöker, wie diesem hier.  

Im Mittelpunkt der Geschichte steht Manuel, der aufgrund des tödlichen Unfalls seines Ehemanns Àlvaro, nach Galicien reist, um herauszufinden, was es mit diesem Unfall auf sich hat. Nach und nach deckt er die lang gehüteten Geheimnisse von Álvaros Familie auf und taucht in die tragische Geschichte dieser Adelsfamilie ein. Zunächst reagiert er mit Wut und Unverständnis, weil Àlvaro ihm so viel verschwiegen hat. Dann beginnt er jedoch langsam zu verstehen, dass Àlvaro aus Liebe zu ihm ein Doppelleben geführt hat.

Das Dreiergespann, welches sich in Galicien inmitten von Weinbergen und wunderschöner Landschaft, auf die Suche nach der Wahrheit macht, besteht aus einem Pfarrer, einem Polizisten und Álvaros Mann Manuel. Die Autorin beschreibt die Charaktere der drei Männer sehr eindrücklich und gut und mir hat gefallen, dass die drei sehr unterschiedlichen Männer schließlich Freundschaft schließen und einander in einer schwierigen Zeit beistehen. Jeder von ihnen nimmt aus den gemeinsamen Erlebnissen etwas Essentielles für sich mit.

Der Roman verbindet viele Elemente, die einen guten Schmöker für mich ausmachen: Eine spannende Familiengeschichte in einer schönen Landschaft mit interessanten Charakteren. Die 608 Seiten waren schnell gelesen und haben mich bestens unterhalten.


Inhalt: 


"»Er hatte den Verdacht, dass sein ganzes Leben auf einer Lüge aufgebaut war.« Als der Schriftsteller Manuel Ortigosa erfährt, dass sein Mann Álvaro bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist, eilt er sofort nach Galicien. Dort ist das Unglück passiert. Dort ist die Polizei auffallend schnell dabei, die Akte zu schließen. Dort stellt sich heraus, dass Álvaro ihn seit Jahren getäuscht und ein Doppelleben geführt hat. Doch was suchte Álvaro in jener Nacht auf einer einsamen Landstraße? Zusammen mit einem eigensinnigen Polizisten der Guardía Civil und Álvaros Beichtvater stellt Manuel Nachforschungen an. Eine Suche, die ihn in uralte Klöster und vornehme Herrenhäuser führt. In eine Welt voller eigenwilliger Traditionen – und in die Abgründe einer Familie, für die Ansehen wichtiger ist als das Leben der eigenen Nachkommen."
Quelle: https://www.randomhouse.de/Buch/ALLES-WAS-ICH-DIR-GEBEN-WILL/Dolores-Redondo/btb-Hardcover/e534185.rhd


Über das Buch:


Aus dem Spanischen von Lisa Grüneisen
Originaltitel: TODO ESTO TE DARÉ
Originalverlag: Editorial Planeta
Verlag: btb Verlag 
Hardcover mit Schutzumschlag, 608 Seiten, 13,5 x 21,5 cm
ISBN: 978-3-442-75765-7
Erschienen am  25. März 2019

 


Montag, 24. Juni 2019

Kathrin Gerlof - Nenn mich November



Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Marthe und David, ein Paar Anfang 50, aus Berlin, müssen Privatinsolvenz anmelden. Das kompostierbare Geschirr erweist sich als ein Flop, für den es keinen Markt gibt. Die Berliner Wohnung können sie sich nicht mehr leisten, der Gerichtsvollzieher nimmt ihnen die Designermöbel weg. So zieht das Paar in ein kürzlich geerbtes, kleines Häuschen in der ostdeutschen Provinz. Wer jetzt eine romantische Wendung der Lebenskrise erwartet, liegt falsch. Es folgt nämlich kein romantisches Landleben mit Biogemüse aus dem eigenen Garten und der Rückkehr zum Wesentlichen.
"Das Dorf ist eine tote Tante, die Häuser vererbt, in denen man dann zugrunde geht."
Was stattdessen folgt, ist reine Trostlosigkeit. In dem Dorf gibt es wenig Lebendigkeit, die Fensterläden sind meistens geschlossen, die Autorin lässt die Leser*innen jedoch hinter die Fensterläden blicken. Im Dorf ist fast jeder arbeitslos, einige Männer sind in einer Biogasanlage umgekommen und die Frauen treffen sich täglich im "Konsum", der seinem Namen keine Ehre macht, da es fast Nichts zu konsumieren gibt. Viele im Dorf haben ein Alkoholproblem, um das Leben dort überhaupt ertragen zu können. Sogar das Internet verweigert sich dem Dorf und Marthe, die sich ansonsten gerne mit den schlimmsten Nachrichten des Tages beschäftigt, muss täglich auf einen Hügel klettern, um sich mit Informationen zu versorgen. Die Frauen im Dorf fürchten den Tag, an dem es dort flächendeckendes Internet geben wird.
"Im Internet kann man alles haben, und es bleibt geheim. Geheimer, als sich in einem Wohnwagen von einer abgenutzten und somit ungefährlichen Hausfrau mal einen runterholen zu lassen. Mit dem Internet werden die Frauen die Kontrolle über ihre Männer verlieren."
Dann sollen Flüchtlinge im Dorf untergebracht werden und es entwickelt sich eine Dynamik, die mich sehr an den Roman "Unterleuten" von Juli Zeh erinnert hat. Die Charaktere im Dorf sind von der Autorin sehr gut beschrieben, sie wechselt die Perspektiven und erzählt zum Teil eine Begebenheit aus unterschiedlichen Blickwinkeln.
Marthe beobachtet das Leben im Dorf und unternimmt zumindest Versuche daran teilzuhaben. Ihr Mann zieht sich immer mehr zurück und spricht immer weniger. Die Beiden müssen neben dem finanziellen Abstieg auch einen sozialen Abstieg verkraften und kommen auch als Paar in eine Krise.

Der Roman ist definitiv keine leichte Sommerurlaubslektüre, aber sehr lesenswert und sprachlich ausgefallen. Ich habe die Bilder des Dorfes vor meinem inneren Auge gesehen und konnte die düstere Stimmung spüren. Kathrin Gerlof hat einen Roman mit Realitätsbezug geschrieben, der mir mal wieder vor Augen geführt hat, dass es in Deutschland Lebensräume gibt, in denen Frust und Trostlosigkeit im Vordergrund stehen.

 

Inhalt:

 "Über die Halbwertzeit der Liebe und den Eigensinn der Hoffnung.
Marthe und David befinden sich im freien Fall und müssen Privatinsolvenz anmelden. Notgedrungen ziehen sie an den Rand eines Dorfes in ein gerade noch bewohnbares Haus, das David geerbt hat. Selbst das Internet macht einen Bogen um die Gegend.
Das Dorf – umzingelt von genmanipulierten Maisfeldern für Biogasanlagen – scheint seine Seele verloren zu haben. Die Bewohner überlassen es zwei Großbauern, ihre Angelegenheiten zu regeln. Als in ehemaligen Zwangsarbeiterbaracken Flüchtlinge untergebracht werden, zieht mit ihnen Verunsicherung ins Dorf. Marthe, geduldete Außenseiterin und unablässig auf der Suche nach den schlimmsten aller Nachrichten, erlebt, wie die Lethargie weicht. David jedoch verstummt mehr und mehr, und eines Abends liegt ein Zettel auf dem Küchentisch.
Ein großer Roman über den Verlust der Mitte und ein Leben am Rand."

Quelle: https://www.aufbau-verlag.de/index.php/nenn-mich-november.html


Über das Buch:

 

Gebunden mit Schutzumschlag, 350 Seiten
Verlag: Aufbau Verlag
ISBN 978-3-351-03723-9
20,00 €