Samstag, 12. September 2020

Doris Knecht - weg

Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Wenn man ein gemeinsames Kind hat, bleibt man darüber ewig verbunden, auch wenn man sonst gar nichts mehr miteinander zu tun hat. So ergeht es auch Heidi und Georg. Sie haben sich bereits kurz nach der Geburt ihrer Tochter Lotte getrennt und kannten sich auch davor nicht sehr lange und gut. Die Tochter ist inzwischen erwachsen und die Eltern leben ihre sehr unterschiedlichen Leben. Gemeinsam haben sie nicht nur Lotte, sondern auch die Sorge um sie. Lotte ist psychisch labil und leidet an einer drogeninduzierten Psychose. Weil sie sich nicht meldet und nicht erreichbar ist, treten die Beiden eine aufregende Reise an, von der die Autorin in diesem Roman erzählt.
 
Die Sorge lässt Heidi ihre Ängste überwinden und in ein Flugzeug steigen. Sie, die noch nie weit (und erst recht nicht allein) gereist ist, fliegt nach Vietnam, um ihre Tochter zu finden. Auch Georg tritt die weite Reise an, um sie bei der Suche zu unterstützen. Und da treffen die Beiden, die nie wirklich zueinander gepasst haben und so wenig und doch so viel gemeinsam haben, aufeinander. In einem fremden Land, mit einer großen Aufgabe und einer noch größeren Angst um das gemeinsame Kind.
 
Für Beide ist diese unfreiwillige, spontane Reise eine Möglichkeit über ihr Leben nachzudenken. Über das Leben und über die Liebe. Doris Knecht formuliert dabei schöne und kluge Gedanken, die mich sehr angesprochen haben. Die Armut, der die beiden auf ihrer Reise begegnen, zwingt sie zur Selbstreflexion. Auch diese Passagen des Buches haben mir sehr gefallen. 
 
"Weg" ist so vieles: Ein Roadtrip, Reisebericht, eine Geschichte über zwischenmenschliche Beziehungen, ein Roman über das Elternsein und über die Frage ob unsere First World Probleme überhaupt eine Berechtigung haben, im Angesicht der Armut in anderen Teilen der Welt. Der Erzählstil ist flüssig und wirkt manchmal umgangssprachlich, zeugt aber von einer sehr guten Beobachtungsgabe und einer noch besseren Menschenkenntnis. Doris Knecht besitzt die Gabe mit wenigen Worten eine ganze Gefühlswelt zu vermitteln. Ich habe den Roman sehr gerne gelesen.
 
 

Inhalt:

"Zwei, die nichts miteinander zu tun haben, auf einer Reise mit unbekanntem Ziel: Eine Frau und ein Mann, die sich kaum kennen und nicht besonders mögen, zwei Verschiedene, die ganz woanders und ganz unterschiedlich leben. Dieser Mann und diese Frau müssen sich gemeinsam auf die Suche machen, nach dem einzigen, was sie im Leben gemeinsam haben: eine Tochter. Schon erwachsen, aber mit psychischen Probleme. Und plötzlich verschwunden.
Heidi verlässt ihr Kleinbürgerparadies bei Frankfurt, Georg seinen österreichischen Landgasthof, wo sie mit ihren neuen Familien leben. Im Flugzeug, auf Booten und auf Mopeds reisen sie durch Vietnam und Kambodscha den Hinweisen auf ihre Tochter hinterher. Die Hindernisse, die sich ihnen in den Weg stellen, stecken auch in ihnen selbst, in ihrer Vergangenheit, in der Unfähigkeit, sich der Gegenwart zu stellen.
Doris Knecht erzählt von Entscheidungen, deren Gewicht nie geringer wird, vom Festhalten und Loslassen, vom Erwachsenwerden und davon, wie man über sich selbst hinauswächst; ein bisschen wenigstens. Ein spannender Roman im kraftvollen Knecht-Sound, der zwei fast fremde Menschen auf eine gemeinsame Mission schickt, mit unsicherem Ausgang."

Quelle: https://www.rowohlt.de/hardcover/doris-knecht-weg.html


Über das Buch:


Verlag: Rowohlt Berlin
Erscheinungstermin: 12.03.2019
304 Seiten
ISBN: 978-3-7371-0038-0
22,00 €