Freitag, 30. März 2018

Christine Zureich - Garten Baby!

 

Warum es sich zu lesen lohnt:

 

"Garten Baby!" liest sich ein einem Rutsch und macht großen Spaß. Die Bewohner des Altbauhauses würde ich am liebsten in ihrem Garten im Hof besuchen. Dort treffen nämlich ihre Lebensgeschichten aufeinander und es kommt dabei zu komischen, absurden und berührenden Szenen. Ich würde ihnen auch sofort ein paar der Zucchini abnehmen, die es im Sommer im Überfluss gibt und die zu Quiche, Marmelade, Lasagne und Co verarbeitet werden und manchmal auch zu nächtlichen Alpträumen führen.

Leben in der Großstadt mit dem Wunsch ein bisschen Landleben in die Stadt zu holen, das kommt mir bekannt vor und genau das kann ich auch in meinem Viertel oft beobachten. Manche ergreifen dann doch irgendwann die Flucht und ziehen aufs Land. So war das bei Zoé. Sie hat nur in der Drübkestrasse gewohnt, weil es ihre Art war, gegen die Eltern zu rebellieren. Sie hat dann doch irgendwann die adrette Maisonnette im Grünen von Papa angenommen. Natürlich nicht in der Stadt, sondern in der Peripherie.

Die Sprache der Autorin ist für mich das, was das Buch so lesenswert macht. Sie hat mir immer wieder aus der Seele gesprochen und mich zum lachen gebracht:
""Da", sagt der Klempner und hält einen Wasserzähler hoch, den er aus seinem Koffer gefischt hat. "Billigmodell. Aus Fernost. Kaum gekauft, schon Plastikmüll." Er stützt sich mit der Hand auf unserer Klobrille ab. "Ihr Vermieter hat die ausgesucht. Nee, nicht einmal geschenkt, so´n Bad hier!"
Alte graue Fliesen, viele davon geborsten. Risse überall - mag ja alles sein, ist sicherlich so, aber lästern darf nur ich! "Bäder sind wie Mütter!", will ich brüllen. "Wer was über meine sagt, wird rausgschmissen, Redneck, und für Bad-Bashing gilt das Gleiche!""
Der Ausflug in die Drübkestrasse lohnt sich. Versprochen! 


Inhalt:


"»Da denkst du, du weißt, was du tust. Denkst: ich grabe den Boden um. Dabei ist es das Leben, das dich umgräbt. Und zwar gründlich. Alles neu.«

Doro und ihr Freund Rob haben, wovon andere träumen: ein Stück Natur mitten in der Großstadt. Dass die beiden Mittdreißiger im Hinterhof ihres Mietshauses Zucchini ernten können, verdanken sie Fred, Texaner, Ex-GI, leidenschaftlicher Hobbygärtner. Alle Hausbewohner sind Teil seines Projekts. Es wird geliebt und gestritten in der Drübkestraße 13, jemand stirbt und ein neuer Mieter zieht ein, es gibt einen Ehekrach und einen kuriosen Fund zwischen den Rosen, und auch Cousine Pippa aus Berlin kommt zu Besuch und erklärt, warum der Stadtgarten kein »Urban Garden« ist (zu ordentlich und »nicht vertikal genug«).
So unterschiedlich die Hausbewohner sind, in ihrem Garten fühlen sie sich mit der Natur und miteinander verbunden, ihr »Urban Garden«-Manifest passt in einen einzigen Satz: Wachsen und wachsen lassen.
Ein kluger, humorvoller Roman über bereichernde Vielfalt, Gemeinschaft und das Glück, etwas mit eigenen Händen zu schaffen."
Quelle: https://www.ullstein-buchverlage.de/nc/buch/details/garten-baby-9783961010158.html

Über das Buch:

 

Hardcover mit Schutzumschlag
176 Seiten
16,00 €
ISBN-13 9783961010158
Erschienen: 23.02.2018
Verlag: Ullstein

 


Sonntag, 18. März 2018

Carol Rifka Brunt - Sag den Wölfen, ich bin zu Hause




Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Dieses Buch erzählt von der 14jährigen June, einem ungewöhnlichen, furchtlosen Mädchen. June verbindet eine tiefe Freundschaft zu ihrem Onkel Finn, einem bekannten Künstler, der im New York der 80er Jahre lebt und an der damals noch sehr unerforschten Krankheit AIDS leidet. Nur mit ihm kann sie stundenlang durch Museen streifen und Mozarts Requiem in all seinen Facetten wieder und wieder hören. Nur von Finn fühlt sie sich wirklich gesehen und verstanden.

Nach seinem Tod bleibt eine einsame und sehr traurige June zurück, die sich für ihr Alter sehr tiefsinnige Gedanken über das Leben macht: 

„Ich fragte mich wirklich, warum Leute immer das taten, worauf sie überhaupt keine Lust hatten. Das Leben schien ein immer enger werdender Tunnel zu sein. Im Augenblick der Geburt war der Tunnel riesengroß und unendlich lang. Alles stand einem noch offen. Dann, in exakt einer Sekunde nach der Geburt, verengte sich der Tunnel bereits um die Hälfte. Als Junge stand fest, dass man niemals Mutter werden würde und wahrscheinlich auch kein Nagelpfleger oder Kindergärtner. Dann wurde man älter, und alles, was man tat, verengte den Tunnel nur noch mehr. Nach einem Armbruch war eine Laufbahn als Baseball-Pitcher ausgeschlossen. Fiel man im ersten Mathe-Test seines Lebens durch, erlosch jede Hoffnung, Naturwissenschaftler zu werden. Ungefähr so ging das jahrelang immer weiter, bis man festsaß. Als Bäcker oder Bibliothekar oder Barkeeper. Oder Buchhalter. Dumm gelaufen. Ich stellte mir vor, dass der Tunnel an dem Tag, an dem man starb, so furchtbar eng geworden war, dass man da drinnen zerdrückt wurde.“

Auf der Beerdigung ihres Onkels lernt sie seinen Partner Toby kennen, von dem sie bis dahin nichts wusste. Schon bald merkt sie, dass Toby in ihrer Familie zwar keinen guten Stand hat, er für sie jedoch ein ganz wunderbarer Trost ist. Dies ist der Beginn einer ganz wunderbaren Freundschaft, die zunächst von den Erinnerungen an Finn lebt und dann, nach und nach, eine davon unabhängige, eigene Beziehung wird.

Die furchtlose June lässt sich erneut nicht beirren und freundet sich mit einem viel älteren Mann an. Obschon sie weiß, dass auch Toby an AIDS erkrankt ist und damals wenig über die Ansteckung bekannt war, scheut sie keine Nähe zu Toby und setzt sich über die Verbote ihrer Eltern hinweg.

Die Autorin beschreibt die zwischenmenschlichen Beziehungen in einer sehr leisen Sprache, die Emotionen sind dennoch gewaltig und haben mich sehr in den Bann gezogen. Auch Junes Verhältnis zu ihrer Schwester Greta, zu der sie eine Hass Liebe verbindet und ihren Eltern sind sehr tiefsinnig beschrieben.

Die unkonventionelle June habe ich, von der ersten Seite an, ins Herz geschlossen, ihr Charakter machte dieses Buch für mich so lesenswert.
 

Inhalt:


"Manchmal verlierst du einen Menschen,
um einen anderen zu gewinnen.
New York, 1987: Eigentlich gibt es nur einen Menschen, der June Elbus je verstanden hat, und das ist ihr Onkel Finn Weiss, ein berühmter Maler. Als Finn viel zu jung an einer Krankheit stirbt, deren Namen ihre Mutter kaum auszusprechen wagt, steht in Junes Leben kein Stein mehr auf dem anderen. Auf Finns Beerdigung bemerkt June einen scheuen jungen Mann, und ein paar Tage später bekommt sie ein Päckchen. Darin befindet sich die Teekanne aus Finns Apartment – und eine Nachricht von Toby, dem Fremden. Wer ist dieser Mann, der behauptet, Finn ebenso gut zu kennen wie June selbst? Zunächst ist June misstrauisch, doch dann beginnt sie sich heimlich mit Toby zu treffen, und sie erfährt, dass es gegen Trauer ein Heilmittel gibt: Freundschaft und Zusammenhalt."

Quelle: http://eisele-verlag.de/buecher/8-2/


Über das Buch:

 

448 Seiten
Tell the wolves I’m home
Aus dem Englischen übersetzt von Frauke Brodd.
ISBN: 9783961610075
Erschienen: 23.02.2018
Verlag: Eisele / Ullstein 
22,00 €

 






Sonntag, 11. März 2018

Bernhard Schlink - Olga

 

Warum es sich zu lesen lohnt:

 

 

Der neue Roman von Bernhard Schlink ist ein Stück Zeitgeschichte und nimmt uns mit auf eine Reise nach Deutschland am Ende des 19ten Jahrhunderts bis hinein in die 70er Jahre. Das Buch erzählt von einer beeindruckenden Frau: Olga.

Mich hat an diesem Buch besonders Olgas Liebe zu Herbert fasziniert. Eine Liebe, in der Olga viele Abstriche machen musste und mit der sie auch immer wieder haderte, die aber dennoch bis zu ihrem Tod, die Liebe ihres Lebens blieb.

Olga sieht Herbert. Nicht so, wie sie ihn gerne hätte, sondern so, wie er ist. Sie sieht ihn und sie liebt ihn. Erkennt seine Sehnsucht nach Weite und Abenteuer und lässt ihn ziehen, obschon sie sich manchmal eher gewünscht hätte, er wäre jeden Mittwoch mit ihr zur Kirchenchorprobe gegangen.

"Olga wusste, dass er sie liebte und ihr so nahe war, wie er einem anderen Menschen nur sein konnte. Er war mit ihr auch so glücklich, wie er mit einem anderen Menschen nur glücklich sein konnte. Nichts, was er geben konnte, versagte er ihr. Was sie vermisste, war er zu geben nicht fähig."  

Olga ist eine faszinierende Romanfigur, sie ist ein kluger Freigeist, mit einem kritischen Blick auf Deutschland. Sie erlebt den ersten und den zweiten Weltkrieg und beide Kriege überdauern ihre Liebe zu Herbert.

Der letzte Teil des Buches beinhaltet ihre Briefe an ihn, die sie noch geschrieben hat, als sie schon ahnte, dass er bei seiner Expedition ums Leben gekommen ist. Für mich wird in diesen Briefen am meisten ihre Zerrissenheit deutlich: Ihre große Liebe zu Herbert und ihre Wut auf ihn, weil er gegangen ist und sein Versprechen wiederzukommen, nicht gehalten hat.

Ein bewegtes Leben beschreibt Bernhard Schlink in diesem Buch und mich berührt die Haltung mit der Olga durch ihr Leben geht: Sie weiß, was sie will und obschon ihr das Leben nicht viel schenkt, wird sie nicht zu einer verbitterten Frau. 

Inhalt:

 

"Die Geschichte der Liebe zwischen einer Frau, die gegen die Vorurteile ihrer Zeit kämpft, und einem Mann, der sich mit afrikanischen und arktischen Eskapaden an die Träume seiner Zeit von Größe und Macht verliert. Erst im Scheitern wird er mit der Realität konfrontiert – wie viele seines Volks und seiner Zeit. Die Frau bleibt ihm ihr Leben lang verbunden, in Gedanken, Briefen und einem großen Aufbegehren.
Ein Dorf in Pommern am Ende des 19. Jahrhunderts. Olga ist Waise, Herbert der Sohn des Gutsherrn. Sie verlieben sich und bleiben gegen den Widerstand seiner Eltern ein Paar, das immer wieder zueinander findet, auch als Olga Lehrerin wird und er zu Abenteuern nach Afrika, Amerika und Russland reist. Vom Kampf gegen die Herero zurückgekehrt, voller Träume von kolonialer Macht und Größe, will er für Deutschland die Arktis erobern. Seine Expedition scheitert, und die Bemühungen zu seiner Rettung enden, als der Erste Weltkrieg ausbricht. Olga sieht ihn nicht wieder und bleibt ihm doch auf ihre eigene Weise verbunden.
Erzählt wird die Geschichte einer starken, klugen Frau, die miterleben muss, wie nicht nur ihr Geliebter, sondern ein ganzes Volk den Bezug zur Realität verliert. Es wird die Frage ihres Lebens: Warum denken die Deutschen zu groß? Wieder und wieder?"

Quelle: http://www.diogenes.ch/leser/titel/bernhard-schlink/olga-9783257070156.html

 

Über das Buch:

 

Verlag: Diogenes
Hardcover Leinen
320 Seiten
erschienen am 12. Januar 2018
ISBN 978-3-257-07015-6
€ (D) 24.00