Montag, 29. November 2021

Ottolenghi Test Kitchen - Shelf Love

 

 

Warum es sich zu lesen / daraus zu kochen lohnt:

 

Ich bin begeisterte Ottolenghi Köchin und liebe seine Kochbücher. Dieses hier ist nicht direkt von ihm, sondern von seinem Test Kitchen Team. Es ist während des ersten Lockdowns 2020 entstanden und das Team hatte es sich zum Ziel gesetzt, aus Vorräten zu kochen und zu experimentieren, sich dabei in Selbstfürsorge zu üben und sich mit dem gekochten Essen Gutes zu tun.
 
Herausgekommen ist ein tolles Kochbuch mit spannenden und abwechslungsreichen Rezepten. Mir hat es die rauchige cremige Pasta mit gerösteten Auberginen und Tahin angetan. Auch die gegrillten konfierten Pastinaken sind ein Gedicht.

Besonders gefällt mir an dem Kochbuch der aufklappbare Einband, der einen nach Zutaten geordneten Register beinhaltet. So kann man schauen, was aus dem Vorrat gerade verarbeitet werden muss und sich von den entsprechenden Rezepten inspirieren lassen. Bei fast jedem Rezept gibt es Zusatzinfos, Abwandlungsmöglichkeiten und Tipps. Ein wirklich gelungenes Kochbuch, ich bin gespannt auf weitere Bücher aus der OTK Reihe und mache mir jetzt einen Butternusskürbis mit Orangenöl und Honigdressing.


Inhalt:

"Entspannt kochen mit dem Ottolenghi-Team
Für dieses außergewöhnliche Kochbuch hat Weltbestsellerautor Yotam Ottolenghi sein Test Kitchen-Team bestehend aus Noor Murad, Verena Lochmuller, Tara Wigley und Gitai Fischer zusammengetrommelt. Und sie zeigen, wie einfach es ist mit bereits vorhandenen Zutaten aus der eigenen Küche einfache und köstlich schmeckende Kreationen zu kochen und ihnen dabei den besonderen Ottolenghi-Twist zu geben!

Simple Ottolenghi-Rezepte für den Alltag
Bringen Sie mehr Schwung in Ihre Küche – und zwar einfach mit dem, was Sie zu Hause da haben! Ob cremiger Hummus, unkompliziertes One Pot Chicken oder Blumenkohl-Käse-Kuchen – dieses Ottolenghi-Kochbuch überzeugt mit 90 einfachen Alltagsrezepten, die dennoch raffiniert und köstlich schmecken. Der typische Wow-Effekt von Ottolenghi verleiht den Gerichten das gewisse Etwas: Freuen Sie sich auf vielfältige Aromen, kreative Vielseitigkeit und innovative Einflüsse des Ottolenghi Test Kitchen-Teams!

• Einfach Alltagsrezepte mit Zutaten aus dem Küchenregal: Was kann man alles aus einer Dose Kichererbsen oder einem Beutel tiefgefrorener Erbsen zaubern? Die Antwort liefern die flexiblen und originellen Ottolenghi-Rezepte, die das Beste aus den Zutaten holen, die Ihnen zu Hause zur Verfügung stehen.
• Originelle Anregungen aus der Profiküche der Ottolenghi Test Kitchen: Schaffen Sie sich Ihre eigene Testküche im Ottolenghi-Style und experimentieren Sie mit fantasievollen Gerichten, die flexibel abgewandelt werden können –  wie z.B. Tabouleh-Bratlinge, Persische Kräuter-Feta-Taschen oder Blaubeeren-Zitronen-Sahne-Schnitten. 
• Das erste Buch der neauen Kochbuchserie von Ottolenghis grandiosem Test Kitchen-Team

Innovative Alltagsrezepte im Ottolenghi-Style! Zusammen mit Ottolenghis Test Kitchen-Team zaubern Sie köstliche Gerichte, aus Zutaten, die Sie bereits zu Hause haben!"

 

Über das Buch:


ISBN 978-3-8310-4294-4
Oktober 2021
256 Seiten, 179 x 247 mm, Einband - flex.(Paperback)
Über 200 farbige Fotos
24,95 €
Verlag: Dorling Kindersley



Donnerstag, 18. November 2021

Sally Rooney - Schöne Welt, wo bist du

 

 

Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Ich habe ein bisschen gebraucht, bis ich mich in den neuen Roman von Sally Rooney eingelesen habe und einen Zugang zu Alice, Felix, Eileen und Simon bekommen habe. Wie so oft in ihren Büchern, passiert nicht wirklich viel, es geht auch hier wieder um die zwischenmenschlichen Beziehungen und die starken Dialoge.

Eileen und Alice sind zwei Freundinnen Anfang 30, die noch auf der Suche nach einem für sie passenden Leben sind. Sie tauschen sich über ihre Ideen, Gedanken und Gefühle in langen Emails aus, da Alice in einem Haus an der irischen Küste wohnt und Eileen in Dublin lebt.  

Die beiden Frauen erzählen sich über ihre Beziehungen zu Simon und Felix, beide Paare sind unsicher ob sie wirklich zusammen sein wollen und können. Ronney schreibt in ihrem Roman über den Findungsprozess der beiden Paare. Sex spielt eine große Rolle und es geht viel um Macht und Dominanz. Die Figuren sind kompliziert, bisweilen neurotisch und sehr mit sich selbst beschäftigt. Manchmal kamen sie mir sehr nah und berührten mich, dann wieder empfand ich sie als verwöhnte und einsame Millennials, die zwar viel reflektieren und erkennen, aber wenig handeln.

Mir hat das letzte Drittel des Buches am besten gefallen, denn da treffen die vier Protagonist*innen in Alice Haus aufeinander. Die Männer lernen sich kennen, die Frauen sehen sich nach geraumer Zeit wieder. Die Dynamik, die aus diesem Treffen entsteht, hat das Buch für mich lesenswert gemacht. 


Inhalt:

"Alice trifft Felix. Sie ist eine erfolgreiche Schriftstellerin, er arbeitet entfremdet in einer Lagerhalle. Sie begehren einander, doch können sie einander auch trauen? Alice' beste Freundin Eileen hat eine schmerzvolle Trennung hinter sich und fühlt sich aufs Neue zu Simon hingezogen, mit dem sie seit ihrer Kindheit eng verbunden ist. Sie lieben sich, doch ist der Versuch der Liebe den möglichen Verlust ihrer Freundschaft wert? 

Zwischen Dublin und einem kleinen Ort an der irischen Küste entfaltet Sally Rooney eine Geschichte von vier jungen Menschen, die sich nahe sind, die einander verletzen, die sich austauschen: über Sex, über Ungleichheit und was sie mit Beziehungen macht, über die Welt, in der sie leben. Schöne Welt, wo bist du ist eine universelle Geschichte über den Raum zwischen Alleinsein und Einsamkeit und über die Freiheit, sein Leben mit anderen zu teilen – überwältigend klug, voller Klarheit und Trost."

Quelle: https://www.ullstein-buchverlage.de/nc/buch/details/schoene-welt-wo-bist-du-9783546100502.html

 

Über das Buch:


Verlag: Claassen
Hardcover mit Schutzumschlag
352 Seiten
Beautiful World, Where Are You
Aus dem Englischen übersetzt von Zoë Beck.
ISBN: 9783546100502
Erschienen: 07.09.2021


Sonntag, 14. November 2021

Felix Lobrecht und Oljanna Haus - Sonne und Beton


 

Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Neulich im Radio habe ich eine Sendung über Graphic Novels gehört und beschlossen, dass ich unbedingt mal eine lesen möchte. Kurze Zeit später stolperte ich dann über diese Neuerscheinung und setzte meinen Vorsatz in die Tat um. Das war für mich ein ganz neues und spannendes Leseerlebnis, mich nicht nur auf die geschriebenen Worte zu konzentrieren, sondern auch die Bilder zu studieren und sich Zeit für sie zu nehmen. 
 
Berlin Neukölln im Sommer 2003. Rau und authentisch erzählt Felix Lobrecht von Lukas und seinen Freunden, die im sozialen Brennpunkt Gropiusstadt aufwachsen. Die Dialoge sind geprägt von Jugendslang und in ihrer Rohheit dennoch berührend. Lukas ist der einzige Deutsche in seiner Klasse, er lebt bei seinem alleinerziehenden Vater und obschon er oft sehr kluge Gedanken hat und sich selbst reflektiert, mischt er mit seinen Freunden das Viertel auf. Seine Zerrissenheit, die durch seine Gedanken deutlich wird, ist dabei spürbar und man bekommt eine Idee davon, wie sich sein Leben anfühlt und wie aussichtslos es manchmal scheinen muss.
 
Die Zeichnungen von Oljanna Haus habe ich als sehr passend empfunden, sie zeigen die triste Umgebung, in der die Jungs leben. Es gelingt der Künstlerin außerdem, die für Jugendliche so essenzielle Frage nach Zugehörigkeit und Identität, in der Gestik und Mimik der Figuren auszudrücken. Das hat mich wirklich beeindruckt.

Eine sehr gelungene Graphic Novel, ich bin froh, dass ich mich auf dieses neue Leseerlebnis eingelassen habe und freue mich auf weitere Graphic Novels.


Inhalt:

"Ein glühend heißer Sommer. Vier Jungs in Neukölln. Eine folgenschwere Entscheidung. Die Graphic Novel zum Bestseller „Sonne und Beton“ von Comedy-Superstar Felix Lobrecht

Die junge talentierte Zeichnerin Oljanna Haus hat sich von Felix Lobrechts von der Kritik gefeiertem Debütroman zu einer rasanten Graphic Novel inspirieren lassen. In schnellen Schnitten inszeniert sie die authentischen Dialoge und lässt die unerbittliche Welt der Hochhausschluchten erstehen."

 

 

Über das Buch:

Erscheinungsdatum: 25.10.2021
280 Seiten
Verlag: Hanserblau
Paperback
ISBN 978-3-446-26961-3
Deutschland: 16,00 €

 

Montag, 1. November 2021

Daniela Krien - Der Brand

 

Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Daniela Krien nimmt in ihrem neuen Roman auf viele Themen Bezug: Älterwerden, die Veränderungen in einer 30-jährigen Ehe, das Verhältnis zu den erwachsenen Kindern, die Suche nach eigenen Wurzeln und Kindererziehung im Wandel der Zeit. Auch werden aktuelle Aspekte aufgegriffen, wie die Genderdebatte und die Coronapandemie. Schade, dass diese Themen, die in meinen Augen viel Potential haben, nur angerissen werden.
 
Dennoch habe ich das Buch gern gelesen. Wie schon in ihrem Roman "Die Liebe im Ernstfall", gelingt es der Autorin, durch ihr genaues Hinschauen, die zwischenmenschlichen Beziehungen und Stimmungen mit treffenden Worten und in einer klaren Sprache auf den Punkt zu bringen.  Dabei sind bei mir sofort Bilder entstanden, von dem Hof in der Uckermark, an dem es an jeder Ecke etwas zu tun gibt und dem naheliegende See, der zum täglichen Schwimmen einlädt. Ich mag die Sprache, in der Daniela Krien erzählt.
 
Der Roman ist eine Geschichte aus dem Leben, ein leises Buch. Es passiert nicht wirklich viel und dennoch ist das Buch unterhaltsam und regt zum Nachdenken und Reflektieren über die "Lebensmitte" ein.

 

Inhalt:

 

"Rahel und Peter sind seit fast 30 Jahren verheiratet. Sie sind angekommen in ihrem Leben, sie schätzen und achten einander, haben zwei Kinder großgezogen. Erst leise und unbemerkt, dann mit einem großen Knall hat sich die Liebe aus ihrer Ehe verabschiedet. Ein Sommerurlaub soll bergen, was noch zwischen ihnen geblieben ist, und die Frage beantworten, wie und mit wem sie das Leben nach der Mitte verbringen wollen."

 

 

Über das Buch:


Hardcover Leinen
272 Seiten
erschienen am 28. Juli 2021
ISBN 978-3-257-07048-4
€ (D) 22.00
Verlag: Diogenes


Sonntag, 24. Oktober 2021

Daniel Speck - Jaffa Road

 

Warum es sich zu lesen lohnt: 

 

Wenn Romane mir geschichtliches Wissen vermitteln und mich neugierig machen, mehr zu erfahren, finde ich das großartig. Dieses Buch hat mich gepackt und mir die Umstände des Nahostkonflikts näher gebracht. Ich habe ziemlich oft nebenher recherchiert, um herauszufinden, ob der Autor geschichtliche Fakten in seinen Roman eingebaut hat oder die Geschehnisse fiktiv sind, weil soviel thematisiert wird, von dem ich wenig bis gar nichts wusste. Die persönlichen Schicksale sind fiktiv, aber die Geschichte ist verdammt nah an der Realität, was zum Teil starke Betroffenheit bei mir ausgelöst hat. Wie wenig ich doch über die Zusammenhänge weiss, von diesem großen und scheinbar unlösbaren Konflikt. 


Daniel Speck spinnt auf über 600 Seiten einen Familienroman über drei Familien, mehrere Generationen, Religionen und Kontinente. Er handelt von dem Beginn des Nahostkonflikts nach dem zweiten Weltkrieg und reicht bis in die Gegenwart hinein. Als Leser*in dürfen wir sowohl eine palästinensische Familie begleiten, die aus ihrem Heimatort Haifa vertrieben wird, als auch eine jüdische Familie, die sich, voller Hoffnung auf einen eigenen Staat und die damit verbundene Sicherheit, in Haifa niederlässt. Und plötzlich werden aus Nachbarn Feinde. 

 

Das herausragende an diesem Buch ist für mich, dass es dem Autor gelingt, die unterschiedlichen Sichtweisen so darzustellen, dass ich alle Handlungen, Entscheidungen und Motive der verschiedenen Romanfiguren nachvollziehen konnte. Ich habe mich zu keiner Zeit auf eine der Seiten gezogen gefühlt, sondern habe den Roman vielmehr als einen Beweis dafür gesehen, dass es verschiedene Wahrheiten gibt und nicht die eine, die für alle gilt. Da ich auch sonst in meinem Leben zunehmend zu dieser Überzeugung komme, hat mich das Buch so begeistert. Wenn man in die Schicksale der einzelnen Personen eintaucht, ist ihr Handeln nachvollziehbar und stimmig. Auch wenn man ihre Taten an sich vielleicht nicht wirklich gutheißt. Eine beeindruckende Leistung hat Daniel Speck hier vollbracht, zumal es sich um Belletristik handelt. 


Unterhaltsam ist das Buch, weil es um Liebe, Freundschaft und Familie geht und sich ein Spannungsbogen entwickelt, dem ich mich nicht entziehen konnte. Die verschiedenen Handlungsstränge fügt der Autor irgendwann geschickt zusammen und springt dabei zwischen Zeitebenen und verschiedenen Perspektiven hin und her. Das macht das Buch faszinierend und toll zu lesen. Übrigens baut es auf sein vorheriges Buch "Piccola Sicila" und die Lebensgeschichte des deutschen Soldaten Moritz Reincke auf. Man muss es nicht unbedingt gelesen haben, um "Jaffa Road" zu verstehen, ich fand es jedoch hilfreich, da ich dadurch noch mehr Hintergrundinformationen über einen Teil der Figuren hatte.

 

Klare Leseempfehlung von mir, eine wirklich bewegende Geschichte, die so viel mehr ist, als Unterhaltung.



Inhalt:


"Nach dem Erfolg von »Piccola Sicilia« nun der neue Roman von Bestseller-Autor Daniel Speck. »Jaffa Road« macht die menschliche Dimension eines der größten Konflikte der Welt emotional erfahrbar.

Der Roman ist eine riesige Weltgeschichtsstunde und dabei so unangestrengt, so leicht und verständlich, dass man einfach begeistert liest.« Jan Weiler
Eine Villa am Meer unter Palmen: Die Berliner Archäologin Nina reist nach Palermo, um das Erbe ihres verschollenen Großvaters Moritz anzutreten. Dort begegnet sie ihrer jüdischen Tante Joëlle - und einem mysteriösen Mann, der behauptet, Moritz’ Sohn zu sein. Elias, ein Palästinenser aus Jaffa.
Haifa, 1948: Unter den Bäumen der Jaffa Road findet das jüdische Mädchen Joëlle ein neues Zuhause. Für das palästinensische Mädchen Amal werden die Orangenhaine ihres Vaters zur Erinnerung an eine verlorene Heimat. Beide ahnen noch nichts von dem Geheimnis, das sie verbindet, in einer außergewöhnlichen Lebensreise rund ums Mittelmeer.
Drei Familien, drei Generationen, drei Kulturen - und ein gemeinsames, bewegendes Schicksal: Mit dem Bestseller ›Piccola Sicilia‹ führt Daniel Speck uns auf eine Reise ins Herz des Mittelmeers. Dieses vielstimmige Panorama der Kulturen erweitert er in seinem neuen Familienroman ›Jaffa Road‹."

 

 

Über das Buch:

 

Verlag: FISCHER Taschenbuch
Erscheinungstermin: 24.03.2021
672 Seiten
ISBN: 978-3-596-70384-5



Montag, 11. Oktober 2021

Chimamanda Ngozi Adichie - Americanah


Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Ich liebe Bücher, durch die ich mit Lebenswelten in Berührung komme, die mir bisher komplett unbekannt waren und mich bereichern.
 
Die Liebesgeschichte von Ifemelu und Obinze beginnt in ihrer Jugend in Nigeria, Lagos. Beide verlassen im jungen Erwachsenenalter ihre Heimat und gehen in ein fremdes Land. Ifemelu geht in die USA, Obinze zieht es nach England. Beide kehren viele Jahre später zurück nach Lagos und blicken auf sehr unterschiedliche Erlebnisse zurück.
 
Die Autorin beschreibt in diesem Roman die Erfahrungen, die die beiden als Migrant*innen in den USA bzw. England machen. Sie findet dabei Worte, durch die ich eine Idee bekommen habe, wie es sein muss und was die Beweggründe dafür sind, seine Heimat zu verlassen und sein Glück so weit weg, in einer anderen Kultur zu suchen. 
"Alexa und die anderen Gäste und vielleicht sogar Georgina verstanden, dass man vor einem Krieg flüchtete, vor der Art Armut, die menschliche Seelen zerdrückte, aber sie würden das Bedürfnis, der bedrückenden Lethargie der Chancenlosigkeit zu entkommen, nie begreifen. Sie verstanden nicht, warum Menschen wie er, die gutgenährt und ohne Durst, aber eingemauert in Unzufriedenheit aufgewachsen waren, die von Geburt an dazu konditioniert waren, auf andere Orte zu blicken, und felsenfest davon überzeugt waren, dass das wahre Leben an diesen anderen Orten stattfand, dass diese Menschen jetzt entschlossen waren, gefährliche Dinge zu tun, illegale Dinge, um zu entkommen. Keiner von ihnen war unterernährt oder ein Vergewaltigungsopfer oder stammte aus einem niedergebrannten Dorf, sie waren einfach nur ausgehungert nach Wahlmöglichkeiten und Sicherheit. "
Sie greift das Thema Rassismus auf und findet auch hier Beschreibungen, die unter die Haut gehen. Die kleinen Alltagsdiskriminierungen, denen Ifemelu und Obinze immer wieder ausgesetzt sind, sind mir sehr nahe gegangen und lassen mich mit einer stärkeren Sensibilität für dieses Thema zurück. Der Autorin gelingt es dennoch mit viel Humor und Leichtigkeit zu schreiben, die großen politischen Themen streift sie beiläufig und geht dennoch in die Tiefe, das hat mich wirklich beeindruckt.

Es gibt Bücher, die lassen mich mit einer tiefen Dankbarkeit für die gewährten Einblicke und geteilten Erfahrungen zurück, dieses Buch ist so eines. Die letzten Seiten habe ich mir regelrecht aufgespart, weil ich nicht wollte, dass es zu Ende geht.

 

Inhalt:

"Eine einschneidende Liebesgeschichte zwischen drei Kontinenten – virtuos und gegenwartsnah erzählt von einer der großen jungen Stimmen der Weltliteratur.

Chimamanda Adichie erzählt von der Liebe zwischen Ifemelu und Obinze, die im Nigeria der neunziger Jahre ihren Lauf nimmt. Dann trennen sich ihre Wege: Die selbstbewusste Ifemelu studiert in Princeton, Obinze strandet als illegaler Einwanderer in London. Nach Jahren stehen sie plötzlich vor einer Entscheidung, die ihr Leben auf den Kopf stellt. Adichie gelingt ein eindringlicher, moderner und hochpolitischer Roman über Identität und Rassismus in unserer globale Welt."

 

Quelle: https://www.fischerverlage.de/buch/chimamanda-ngozi-adichie-americanah-9783596521067

 

Über das Buch:

 
Verlag: FISCHER Taschenbuch
Erscheinungstermin: 27.04.2016
864 Seiten
ISBN: 978-3-596-52106-7
15,00 €
Übersetzt von: Anette Grube

 

Montag, 27. September 2021

Benjamin Myers - Der perfekte Kreis


Warum es sich zu lesen lohnt:

 

In Benjamin Myers neuem Roman geht es um die Freundschaft zweier sehr unterschiedlicher Männer, die eine Leidenschaft teilen. Sie verfolgen das geheime Ziel, einen perfekten Kornkreis zu erschaffen und dabei so achtsam wie möglich mit der Natur umzugehen.

„Schönheit um der Schönheit willen und ein Gefühl von Stolz, das sie in ihre heimliche Arbeit einfließen lassen, sind die zwei Punkte, in denen sie übereinstimmen. Etwas zu erschaffen, das betört und verblüfft, das begeistert und verwirrt – etwas so Fantastisches und Faszinierendes und Unerwartetes –, etwas, das über Nacht auftaucht wie ein Pilz aus der Erde, ein Geschenk an die Menschen, das ist, so finden sie beide, ein radikales und wohltätiges Werk reinster und höchster Güte.“
Nacht für Nacht sind sie gemeinsam in Südengland unterwegs, um ihre Mission zu erfüllen. Gesprochen wird wenig und dennoch gelingt es dem Autor, die tiefe Verbundenheit der Männer auszudrücken. Die wortkargen Gespräche sind tiefsinnig und manchmal philosophisch. Das gemeinsame Tun ist wie ein Sog, der auch mich als Leserin erfasst. Man erfährt zwar im Verlauf des Buches immer mehr über die Hintergründe von Redbone und Calvert, aber sie bleiben bis zuletzt geheimnisvoll. So geheimnisvoll, wie die Kornkreise, die über Nacht wie von Geisterhand auftauchen und über deren Entstehung so viel gemutmaßt wird, in den Zeitungsartikeln, die Teil des Buches sind. 


Mich hat die Beschreibung des schöpferischen Prozesses, in dem sich die beiden befinden, fasziniert. Man bangt  Kapitel um Kapitel und Kornkreis um Kornkreis mit ihnen, ob sie erwischt werden oder ob sie ihr Werk vollenden können. Die Landschaftsbeschreibungen sind, wie schon im vergangenen Werk des Autors „Offene See“ großartig. Ein ruhiger und achtsamer Roman, für den man sich Zeit nehmen sollte.

 

Inhalt:

"Redbone und Calvert kennen sich seit Langem. Obwohl sie unterschiedlicher nicht sein könnten und einander wenig von ihrem früheren Leben erzählen, fühlen sie von Anfang an eine starke Verbundenheit. Zwischen den beiden Männern entsteht über die Jahre eine ungewöhnliche Freundschaft. Hinter ihnen liegen Zeiten der Rastlosigkeit und tiefen Einsamkeit, bestimmt von traumatischen Erlebnissen. Eher zufällig entsteht in ihnen die Idee der Kornkreise. Während sie hoffen, dass sie in diesem Sommer den Kreis erschaffen können, kommen sie ihrem Land und seinen Bewohnern, ihren eigenen Träumen näher, erleben sie sowohl ernüchternde als auch traumgleiche Begegnungen. Geprägt von demselben Freiheitsdrang und derselben Abneigung gegen jegliche Obrigkeit, entstehen in ihnen ein tiefer Respekt für ihre Umwelt und der Wunsch, die beengende Realität des Alltags hinter sich lassen zu können. Gelingt der perfekte Kornkreis, dann kann ihnen auch alles andere gelingen."
 

 

Über das Buch:


224 Seiten, gebunden mit geprägtem Einband, farbigem Vorsatzpapier und Lesebändchen
Originalverlag: Bloomsbury, 2022, Originaltitel: The Perfect Golden Circle
Erscheinungstag: 17.09.2021
ISBN 978-3-8321-8158-1
Verlag: Dumont
22,00 €


Montag, 6. September 2021

John Gregory-Smith - Küchenschätze aus dem Libanon

 

Warum es sich zu lesen und daraus zu kochen lohnt:

 

John Gregory Smith nimmt uns mit auf eine kulinarische Reise durch den Libanon. Und der hat viel mehr zu bieten als Falafel und Hummus. Auf klassische Rezepte, die man meist schon kennt, verzichtet der Autor. Stattdessen konzentriert er sich darauf, neue Gerichte zu entdecken. 

 

Im Vorwort beschreibt er die vielseitige Landschaft des Libanon, lässt uns an seinen Reisen teilhaben und geht kurz auf die Geschichte ein.

"All diese Ereignisse haben den Libanon zu dem gemacht, was er heute ist: einem Schmelztiegel der Kulturen. Muslime, Drusen, Christen, Armenier, Syrer und Palästinenser gehören zum Libanon und haben alle einen großen Einfluss auf die libanesische Küche."

Die Gerichte sind geprägt von Petersilie, Koriander, Minze, Knoblauch und auch Piment ist eine häufig verwendete Zutat. Typisch sind auch säuerliche Aromen in der libanesischen Küche und natürlich Tahin, eine Paste aus gemahlenem Sesam. Ich habe mich zuerst an das Rezept "Granatapfel-Sucuk" gewagt und war begeistert. Die Zutaten waren schnell besorgt, das Rezept gut erklärt und das Ergebnis einfach nur lecker. Der Freekeh-Salat mit Feigen und Walnüssen war ebenfalls ein Gedicht. Bisher war jedes Gericht ein Genuss und das Kochbuch ist schnell zu einem meiner Lieblingskochbücher geworden.

 

Inhalt:

"100 authentische Rezepte aus dem Libanon, zusammengestellt von einem der besten Kenner der arabisch-orientalischen Küche. John Gregory-Smith, reiste quer durch den Libanon, von den pulsierenden Souks in Tripoli und Beirut, bis in das Chouf-Gebirge sowie das Wadi Qadischa. Dabei sammelte er 100 Originalrezepte, die die besten libanesischen Leckerbissen vereinen: von klassischem Streetfood über delikate Nachspeisen bis hin zu wenig bekannten Gerichten der Drusen."

 

Über das Buch:

 

ISBN: 9783959613811
Erschienen am 29.01.2020
192 Seiten
Leseband
ca. 150 Abbildungen
Format 20,4 x 25,9 cm
Hardcover
Verlag: Christian Verlag

Sonntag, 5. September 2021

Doris Knecht - Die Nachricht

 

Warum es sich zu lesen lohnt:

 
Ruth wird Opfer von digitaler Gewalt, sie erhält anonyme Nachrichten, in denen sie niedergemacht, beleidigt und beschimpft wird. Zunächst versucht sie die Nachrichten zu ignorieren, da sie jedoch zunehmend mehr Details aus ihrem Leben beinhalten, die ein*e Fremde*r nicht wissen kann, wird es immer unheimlicher und belastender für Ruth, denn die Person muss aus ihrem näheren Umfeld kommen. Diese Einsicht lähmt sie und macht ihr  Angst. Ihr Freundeskreis reagiert zum Teil mit wenig Verständnis, sie fühlt sich allein gelassen mit ihren Nöten und Ängsten. Der Autorin gelingt es, eine beklemmende Stimmung aufzubauen und aufzuzeigen, dass digitale Gewalt jede*n treffen kann.

Es geht nicht nur um die Nachrichten, die Ruth erhält, sondern auch um das Leben, welches sie sich nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes vor vier Jahren aufgebaut hat. Sie verliebt sich das erste Mal neu und stellt erst nach und nach fest, dass ihr die Beziehung nicht gut tut. Obschon sie eine reflektierte und selbstbewusste Frau ist, fällt sie immer wieder auf die oft sehr grausamen Spielchen des Mannes herein, der sie sehr in seinen Bann zieht.
 
Es geht auch um die Beziehung zu ihren Kindern, zu ihrer Stieftochter, Freunden und der Verarbeitung des Verlustes. Die Autorin thematisiert Gewalt gegen Frauen auch auf einer anderen Ebene. Die Stieftochter hat Gewalterfahrungen gemacht und sich für einen klaren Weg im Umgang damit entschieden. Auch hier findet Doris Knecht wieder treffende und ergreifende Worte:
"Es war fraglich und zu unsicher, ob die Gesellschaft sie beschützen würde, es war ein Risiko, das sie nicht eingehen wollte, in dieser Zeit, in der es nicht darauf ankam, ob etwas wahr war, sondern darauf, wer es glaubte und wie viele. Sie rettete sich und ihr Kind, das war ihre Entscheidung."
Ich habe bereits einige Bücher der Autorin gelesen und bin großer Fan, die klare Sprache und ihre Beobachtungsgabe zeichnen ihren Schreibstil aus. Ich kann schnell eine Nähe zu ihren Figuren aufbauen und ihre Bücher haben eine ganz eigene Art von Spannung. Auch diesen Roman habe ich kaum aus der Hand legen können, er hallt noch lange nach, ganz klare Leseempfehlung.

 

Inhalt:

"Eine Frau – eine Nachricht – eine Verunsicherung. In ihrem neuen Roman schreibt Doris Knecht über familiäre Geheimnisse und die fatalen Folgen von Frauenverachtung und digitaler Gewalt

"Die Nachricht" handelt von Frauen, deren Souveränität stets aufs Neue infrage gestellt wird – und von den Lügen, die wir gerade den Menschen erzählen, die uns am nächsten stehen.
Vier Jahre nach dem Tod ihres Mannes lebt Ruth allein in dem Haus auf dem Land, wo die Familie einst glücklich war. Die Kinder haben längst ihr eigenes Leben, während Ruth das Alleinsein zu schätzen lernt. Bis sie eines Tages eine anonyme Messenger-Nachricht bekommt, von einer Person, die mehr über ihre Vergangenheit zu wissen scheint als Ruth selbst.
Doris Knecht schreibt über eine Frau, die plötzlich zur Verfolgten wird, und erweist sich einmal mehr als virtuose Skeptikerin zwischenmenschlicher Beziehungen."

Quelle: https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/die-nachricht/978-3-446-27103-6/


Über das Buch:

 

Erscheinungsdatum: 26.07.2021
256 Seiten
Verlag: Hanser Berlin
Fester Einband
ISBN 978-3-446-27103-6
22,00 €

 

Montag, 16. August 2021

Juliane Ranck und Laura Setzer - Urban Farming


 

Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Statt auf den Tag X zu warten, an dem sich die Autorinnen endlich ihren Lebenstraum (einen Bauernhof in Frankreich zu bewirtschaften) erfüllen können, beschliessen sie, ihre Heimatstadt Frankfurt lebenswerter und essbar zu machen. 
 
In diesem wunderschön gestalteten Buch lassen sie uns an ihrem Projekt teilhaben, von der ersten Idee bis zur Umsetzung. Sie beschreiben den Prozess sehr authentisch und benennen dabei auch einige Höhen und Tiefen, die sie durchlaufen haben.

Mich hat dabei besonders der Gedanke angesprochen, dass man als Einzelperson sehr wohl etwas ausrichten und verändern kann. Das Buch wimmelt von Ideen, Inspirationen und konkreten Vorschlägen, es motiviert und macht Lust auf Gärtnern, egal wo und wie.
"Was wir beginnen, muß nicht gleich etwas Großes sein. Die Kraft der kleinen Handlungen nimmt manchmal ungeahnte Dimensionen an. Das Wichtigste ist einfach, dass du was verändern willst. Und dann kann es losgehen - ob allein, in der Familie oder in einer Gemeinschaft. Egal, wo du wohnst, wie viel du arbeitest, kurz gesagt, welche Möglichkeiten du hast."

Neben der Geschichte des Projekts "Gemüseheldinnen" gibt es immer wieder Exkurse zu anderem spannenden Themen. So werden  einzelne Mitglieder und ihre Aufgaben vorgestellt und man kann nachlesen, wie man z.B. ein Recycling-Hochbeet baut. Das Sachbuch ist unterfüttert mit theoretischem Wissen über Permakultur und geht auch auf die geschichtlichen Hintergründe ein. Besonders fasziniert haben mich die Pariser Marktgärtner im 19. Jahrhundert. 

Das Buch ist ein Genuss - optisch und inhaltlich - es macht Freude darin zu blättern und sich von der Begeisterung der Autorinnen anstecken zu lassen.


Inhalt:

 

"Du möchtest deine nachhaltige Zukunft lieber selbst in die Hand nehmen, als das Fortschreiten der Klimakrise von der Couch aus zu verfolgen? In dir schlummert der Wunsch, deinem Garten, Balkon oder gleich der ganzen Stadt eine ordentliche Portion Grünfläche und Gemüse zu verpassen – und am besten gleich noch andere mit ins Boot zu holen? Das haben sich die Autorinnen Laura Setzer und Juliane Ranck auch gedacht und das Projekt „GemüseheldInnen“ ins Leben gerufen. Ihr Ziel: Urban Farming, also Anbau von Obst und Gemüse, mitten in Frankfurt, quasi vor ihrer Haustür. Damit haben sie eine Bewegung ins Rollen gebracht, der sich immer mehr Begeisterte angeschlossen haben. Und gemeinsam haben sie so eine kleine Wildnis mitten in der großen Stadt geschaffen. In der sie ganz nach den Prinzipien der Permakultur anbauen, säen, pflanzen – und sich und ihre Mitmenschen mit Selbstangebautem versorgen. Genial, oder? Lass dich von den Autorinnen inspirieren – wer weiß, vielleicht verwandelst auch du bald deine Stadt (oder einfach nur deinen Balkon) in ein gemüsiges Schlaraffenland?

Grüne Inseln mitten in der Stadt: für mehr Gemeinschaft und Unabhängigkeit

Gerade im hektischen Trubel zwischen Hochhäusern und Straßenlärm ist sie riesengroß: Die Sehnsucht nach einem Fleckchen Grün, einem Ort der Erholung, einem Ort des Austauschs. Die Sehnsucht danach, einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, sich selbst versorgen zu können, und damit ein Stückchen unabhängiger zu werden. Mit dem Projekt „GemüseheldInnen“ haben die beiden Autorinnen Laura und Juli einen Rahmen für städtische Nahversorgung und Naturerfahrung, einfach für das „Selbermachen“ geschaffen. Es lässt die Menschen und ihre Lebensmittelproduktion ganz neu zusammenwachsen. Die knackigsten und knallbuntesten Früchte und Gemüse kommen direkt aus der unmittelbaren Nachbarschaft, mitten aus der City. Und ganz nebenbei passiert das fast Schönste an dem ganzen Projekt: Man begegnet Persönlichkeiten, die man sonst vielleicht gar nie getroffen hätte, schließt Freundschaften, arbeitet gemeinsam, tauscht sich aus. So entsteht ein bunter Mix aus unterschiedlichen Menschen, wilder Natur und dem frischesten Gemüse. Lass dich von den Autorinnen in die fabelhafte Welt der Permakultur auf die französische „Ferme du Bec Hellouin“ (eine der produktivsten Gemüsestätten auf kleinstem Raum) oder in die englische Stadt Todmorden, die sich durch Eigenanbau von Lebensmitteln komplett selbst versorgt, entführen. Lass dich wie sie von den großen Vorbildern inspirieren. Urban-Farming-Projekte wie diese setzen einen Riesenschritt in Richtung Ernährungssouveränität und schaffen mehr Unabhängigkeit in der Lebensmittelversorgung. Und leisten damit auch einen großen Beitrag für Zukunft, Klima und überhaupt: für uns alle.

Und jetzt: selber loslegen! Für mehr Dschungelgrün und Ernährungssouveränität – und weniger Betonfassaden
Du steckst voller Tatendrang und möchtest nachhaltiges Leben auch selbst gestalten, dich freier von der industrialisierten Lebensmittelproduktion machen? Oder holst du dir lieber erst einmal nur Inspiration für dein kleines grünes Reich? Ganz egal, worauf du Bock hast: Die Autorinnen geben jede Menge Tipps, wie du in deiner Metropole, deinem Garten oder einfach nur auf deinem Balkon ein blühendes, essbares Eldorado erschaffen oder sogar deine eigene Urban-Farming-Initiative starten kannst. Und: Sie liefern dir massenhaft Hintergrundwissen und Anleitungen rund um permakulturelle Modelle, die sich auch bei dir zuhause ganz easy umsetzen lassen. So machst du deine Stadt grüner, gärtnerst für ein besseres Klima, kannst dich selbstversorgen und unabhängiger werden. Also los, worauf wartest du?"

Quelle: https://www.loewenzahn.at/produkt/2687/urban-farming/

 

Über das Buch:

 

Juliane Ranck, Laura Setzer
Urban Farming
Gemüse anbauen, gemeinschaftlich gärtnern, Ernährungssouveränität schaffen
ISBN 978-3-7066-2687-3
280 Seiten, gebunden
Erscheinungstermin: 23.06.2021
Verlag: Löwenzahn Verlag
24,90 €

Sonntag, 8. August 2021

Angie Volk - Krokodile


 

Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Diesen Sommer landen unbeabsichtigt viele Romane auf meinem Bücherstapel, in denen es um Frauenfreundschaften geht. Auch das Debüt von Angie Volk handelt von zwei Frauen, die sich schon seit ihrer Jugend kennen und nun, viele Jahre später, gemeinsam eine Reise ans Meer unternehmen. Schnell wird klar, dass sie sich nicht mehr viel zu sagen haben und Sonia flüchtet nachts heimlich aus dem gemeinsamen Schlafzimmer, um sich zu vergnügen. Sie lernt einen deutlich jüngeren Mann kennen und erlebt mit ihm eine Urlaubsleichtigkeit, wie sie mit ihrer Freundin Bea nicht möglich zu sein scheint. Eine ganz eigene Dynamik entwickelt sich daraufhin, die den gemeinsamen Urlaub stark beeinflusst.
 
Die Autorin arbeitet mit einprägsamen Bildern und schafft es, dass man immer wieder den Atem anhält, obschon nicht so viel passiert in der Geschichte. Es geschieht vieles zwischen den Zeilen und bleibt Interpretationssache, das hat das Buch für mich sehr besonders gemacht.
 
Es gibt immer wieder Rückblicke in die Jugend von Sonia und Bea  und man gewinnt einen Eindruck, wie die beiden Frauen als junge Mädchen waren.  Einerseits schwingt eine sommerliche Leichtigkeit in der Geschichte mit, andererseits aber auch unerfüllte Sehnsüchte, Flucht vor dem Alltag und Wehmut über die Einsicht, dass die Freundschaft nicht mehr ist, was sie einmal war. Ein kurzweiliges Buch, welches ich gerne gelesen habe.
 

Inhalt:

"Sonia und Bea sind beste Freundinnen. Sie sind zusammen in einer Kleinstadt aufgewachsen und waren immer füreinander da. Doch je älter sie geworden sind, desto seltener haben sie sich gesehen. Schließlich fassen sie einen Entschluss: Ein gemeinsamer Sommerurlaub auf einer Baleareninsel soll ihre alte Freundschaft neu beleben. Aber die Reise entwickelt sich ganz anders als erwartet. Sonia entdeckt, wie sehr sie sich nach Freiheit und Abstand sehnt, nicht nur von ihrem Alltag zu Hause, sondern auch von Bea. Sie beginnt eine Liebelei und lernt eine Familie kennen, die ihre eigenen Vorstellungen vom Mutter- und Tochtersein durcheinanderbringt."

Quelle: https://hoffmann-und-campe.de/products/566-krokodile
 

Über das Buch:

 

Erscheinungsdatum 2. Juni 21
20,00 €
ISBN: 9783455011500
Format: Hardcover
Verlag: Hoffmann und Campe Verlag



Sonntag, 25. Juli 2021

Cynthia D´Aprix Sweeney - Unter Freunden

 

 

Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Flora und Julian und Margot und David - zwei Paare Ende 40, die sich schon kennen, seit sie jung sind. Sie schauen auf die gemeinsame Zeit und ihr bisheriges Leben zurück, welches zwar oft in sehr unterschiedliche Richtungen verlaufen ist, aber sie dennoch nie daran gehindert hat, in Kontakt zu bleiben und am Leben des anderen Paares teilzunehmen.
 
Flora und Julian haben eine Tochter, Ruby. Sie mussten immer um ihre finanzielle Situation bangen und waren, während Ruby klein war, immer knapp bei Kasse. Anders bei Margot und David. Margot, ein berühmter Serienstar und David, ein bekannter Herzchirurg. Um Geld mussten sie sich nie Sorgen machen. Doch auch dieses Paar hatte in der Vergangenheit Krisen und Schicksalsschläge zu verarbeiten.
 
Ein Roman über langjährige Freundschaften und Beziehungen und wie sie sich im Laufe der Jahrzehnte verändern. Die Autorin wechselt zwischen verschiedenen Erzählperspektiven hin und her und fügt immer wieder Rückblenden ein, das macht das Buch sehr abwechslungsreich. Ein leicht zu lesender und unterhaltsamer Sommerroman, perfekt als Urlaubslektüre geeignet.

 

Inhalt:

"Flora Mancini ist seit über zwanzig Jahren glücklich verheiratet. Doch alles, was sie über sich selbst, ihre Ehe und ihre beste Freundin Margot zu wissen glaubt, wird auf den Kopf gestellt, als sie den lange verlorenen Ehering ihres Mannes wohlverwahrt in der eigenen Garage findet. Zufall? Unwahrscheinlich. Ein hinreißend humorvoller und warmherziger Roman über ein lang gehütetes Geheimnis, das Freundschaften und Beziehungen durcheinanderwirbelt.

Flora und Julian hatten es nicht immer leicht. In New York mussten die Schauspieler ihr mühsam verdientes Geld zusammenkratzen, um ihre kleine Familie und Julians Theaterensemble über Wasser zu halten. Als in der glitzernden Filmwelt von Los Angeles sichere Jobs und die Wiedervereinigung mit Floras bester Freundin Margot winken, greifen sie zu. Und tatsächlich erlaubt ihnen ihr neuer Lebensentwurf, einen Gang runterzuschalten und ihrer Tochter entspannt beim Aufwachsen zuzusehen. Doch dann findet Flora am Abend von Rubys Highschool-Abschluss den Ehering ihres Mannes – jenen Ring, den Julian angeblich vor Jahren an einem Sommertag beim Schwimmen verloren hat. Floras Sicherheiten geraten ins Wanken. Wurde ihr neues Leben auf einer Lüge erbaut? Bestsellerautorin Cynthia Sweeney erzählt mit großem Einfühlungsvermögen und Humor von den Herausforderungen lebenslanger Beziehungen und ihrer großen Kraft."
Quelle: https://www.klett-cotta.de/buch/Gegenwartsliteratur/Unter_Freunden/144004

 

Über das Buch:


Aus dem Amerikanischen von Nicolai von Schweder-Schreiner (Orig.: Good Company)
1. Aufl. 2021, 352 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag
ISBN: 978-3-608-98448-4
Verlag: Kett-Cotta
22,00 €



Freitag, 25. Juni 2021

Anja Baumheier - Die Erfindung der Sprache

 

Warum es sich zu lesen lohnt:

Adam liebt die Zahl Sieben und er schreibt für sein Leben gerne Listen. Als hochintelligenter, aber zwischenmenschlich etwas unbeholfener Junge, wächst er auf einer kleinen ostfriesischen  Insel auf. Seine skurrile Familie und die Inselbewohner*innen sind mir schnell ans Herz gewachsen. Bei ihnen darf der etwas merkwürdige Adam, der autistische Züge hat, sehr behütet und mit viel Verständnis für seine Besonderheiten aufwachsen. Eines Tages verschwindet sein Vater und das Leben der Familie verändert sich. Adam hat viele Ängste, die zum Teil mit viel Humor dargestellt werden, dabei jedoch nie ins Lächerliche gezogen werden. Um seinen Vater zu finden, stellt sich der erwachsene Adam seinen Ängsten und begibt sich auf einen Roadtrip. 

Die Geschichte springt zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her. Dem heute 32jährige Sprachwissenschaftler Adam Riese und seiner Kindheit, ja sogar bis zu den Anfängen seiner Familie und dem Kennenlernen seiner Großeltern. Das macht das Buch sehr abwechslungsreich.

Es dreht sich viel um das Thema Sprache in diesem Buch. Adam beginnt zwar erst spät zu sprechen, wird jedoch später Sprachwissenschaftler. Seine Großmutter generiert herrliche Wortverdrehungen. Und seine Mutter verliert ihre Sprache und verstummt, obschon sie eigentlich Radiomoderatorin ist.

Die Autorin schreibt diese warmherzige Familiengeschichte, die gleichzeitig auch ein Roadtrip ist, in einer einzigartigen Sprache, ihre Sätze fühlen sich manchmal wie Sonnenstrahlen auf der Haut an, ein wahrer Genuss.

 

Inhalt:

""Mit dem Jungen läuft etwas nicht so, wie es soll." Das sagt man, als Adam erst mit zwei Jahren zu sprechen beginnt. Menschliche Beziehungen sind für ihn ein Mysterium, stattdessen schwärmt er für die Zahl Sieben. Beim Heranwachsen auf der ostfriesischen Heimatinsel wird er liebevoll von seiner Familie umsorgt, allen voran von seiner tschechischen Großmutter Leska und seinem Vater Hubert. Dieser richtet seinem Sohn im alten Leuchtturm einen Weltrückzugsort ein, der nur ihm gehört.

Doch dann bricht die Katastrophe über den bilderbuchschönen Himmel von Platteoog herein: Kurz nach Adams 13. Geburtstag verschwindet sein Vater spurlos, seine Mutter verstummt unter der Last ihrer Trauer.

Eines Tages und viele Jahre später, Adam ist Dozent für Sprachwissenschaften an einer Berliner Universität, fällt ihm ein Buch in die Hände: „Die Erfindung der Sprache“. Es enthält Hinweise auf seinen Vater - offenbar ist er auch aus dem Leben einer anderen Familie wortlos verschwunden. Adam begibt sich auf die Suche. Seine abenteuerliche Reise führt ihn quer durch Deutschland, nach Prag, in die Bretagne und bis ans Ende der Welt…"

Quelle: https://www.rowohlt.de/buch/anja-baumheier-die-erfindung-der-sprache-9783463000237

 

Über das Buch:


Verlag: Kindler Verlag
Erscheinungstermin: 16.02.2021
496 Seiten
ISBN: 978-3-463-00023-7
20,00 €


Sonntag, 6. Juni 2021

Anika Landsteiner - So wie du mich kennst


 

Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Die Schwestern Karla und Marie sind sehr eng miteinander verbunden. Nach der gemeinsamen, behüteten Kindheit auf dem Land in Unterfranken, verschlägt es Marie nach New York, wo sie als erfolgreiche Fotografin arbeitet. Karla bleibt der Heimat treu und arbeitet bei der Regionalzeitung als Journalistin.
 
Obschon sie fortan weit voneinander weg wohnen, nehmen sie am Leben der anderen teil und sind sich weiterhin sehr nah. Bis eines Tages das Telefon klingelt und die schreckliche Nachricht überbringt, dass Marie tot ist. Die Familie ist am Boden zerstört. Maries Eltern und ihre Schwester entwickeln ihre ganz eigene, individuelle Art mit der Trauer umzugehen. Die Mutter putzt, der Vater reflektiert seine Beziehung zu Marie und Karla reist nach New York, um auf den Spuren ihrer Schwester Abschied zu nehmen. Hier muss sie die Erfahrung machen, dass sie nicht alles von ihrer Schwester gewusst hat. Sie taucht ein in ihr Leben, trifft sich mit ihren Freunden, schläft mit dem selben Mann, wohnt in ihrer Wohnung und entdeckt dabei ein Geheimnis.

Abwechselnd wird die Geschichte aus Maries und Karlas Perspektive erzählt und Stück für Stück erhält man Einblicke in ihre Leben und erfährt auch, was es mit dem Geheimnis auf sich hat. Die Autorin springt nicht nur zwischen den Perspektiven hin und her, sondern auch zwischen Vergangenheit und Gegenwart, das macht das Buch sehr abwechslungsreich und spannend, ich konnte es nicht aus der Hand legen.

Obschon es um Gewalt in Beziehungen, Tod und Trauer geht, empfand ich das Buch nicht als belastend, da die Gewalt nie ausführlich geschildert wird, sondern sehr subtile Formulierungen verwendet werden. Es geht um die Verarbeitung von Gewalterfahrung, die Schuldgefühle und die Unfähigkeit darüber zu sprechen, was passiert ist. 
 
Durch das Buch zieht sich wie ein roter Faden die Frage, was man wirklich über die Menschen weiß, die einem am nächsten sind. Die Frage hat auch mich nachdenklich gestimmt. Fazit: Unbedingt lesen!

Inhalt:

"»Was weiß ich wirklich über die, die ich am meisten liebe?«

Karlas Leben ist stehengeblieben. Sie trägt eine Urne nach Hause, darin die Asche ihrer Schwester Marie. Und plötzlich ist nichts mehr so, wie es einmal war. Marie war Karlas Seelenverwandte, ihr Kompass in diesem Chaos, das sich Leben nennt. Und während sich dieses Chaos um sie herum einfach weiterdreht, reist Karla nach New York, um dort die Wohnung ihrer Schwester aufzulösen. Als sie Fotos findet, die so verstörend wie alltäglich sind, fragt sie sich, wie gut sie Marie wirklich kannte. Die Schwester, die so ganz anders lebte als sie. Die erfolgreich und selbstbewusst war. Was Karla auf den Bildern sieht, verändert ihren Blick auf Marie, ihren Blick auf sich selbst und auf das ganze Leben vor ihr.

Anika Landsteiner erzählt eindringlich, bewegend und aufrüttelnd von Frauen wie uns. Von Menschen wie dir und mir. Ein Buch, das im Kopf bleibt."

Quelle: https://www.fischerverlage.de/buch/anika-landsteiner-so-wie-du-mich-kennst-9783810530745


Über das Buch:


Verlag: FISCHER Krüger
Erscheinungstermin: 28.04.2021
352 Seiten
ISBN: 978-3-8105-3074-5
16,99 €


Donnerstag, 3. Juni 2021

Susann Pásztor - Die Geschichte von Kat und Easy

 

Warum es sich zu lesen lohnt:

Kat und Easy haben ihre Jugend in den 70er Jahren in einer deutschen Kleinstadt verbracht. Beide sind 16 Jahre alt und machen erste Erfahrungen mit Drogen, Partys und der Liebe. Ihre Freundschaft dauert nur einen Sommer lang und endet nicht etwa durch den tragischen Unfall, sondern vielmehr, weil beide nicht den Mut finden, über das zu sprechen, was geschehen ist - zwischen ihnen und dem ein paar Jahre älteren Fripp, in den sich beide verliebt haben.

Fast 50 Jahre später treffen sich Kat und Easy auf Kreta wieder. Vieles hat sich seit dem Sommer 1973 verändert, manches ist gleich geblieben. Kat möchte immer noch stark und tapfer wirken. Easy hat immer noch den Drang sich und anderen zu beweisen, dass sie eine große Verführerin ist. Obschon Jahrzehnte vergangen sind, in denen die eine immer noch in Laustedt lebt und drei Kinder von drei verschiedenen Männern bekommen hat und die andere möglichst weit weg von der ehemaligen Heimat ein selbstbestimmtes Leben als Lebenshilfebloggerin führt, sind die Charakterzüge der 16-jährigen noch deutlich sichtbar.

Susann Pásztor ist ein sehr schön zu lesender Roman gelungen. Sie springt kapitelweise zwischen der Vergangenheit in Laustedt und der Gegenwart auf Kreta hin und her. Das hat das Buch für mich sehr kurzweilig gemacht. Das Wunder und Drama der ersten Liebe mit all den brennenden Fragen, der Eifersucht, den weichen Knien und den Selbstzweifeln hat mich sofort in meine eigene Jugend zurückkatapultiert, in der das Jugendzentrum der Mittelpunkt der Welt war. Die Stimmung alles ausprobieren zu wollen, was das Leben zu bieten hat, dabei Hesse zu lesen und in Musik einzutauchen, hat die Autorin großartig beschrieben.

Ein wunderbarer Sommerroman, der sich dem Thema Freundschaft widmet und beschreibt, wie die Erfahrungen aus der Jugend in das Erwachsenenleben hineinspielen können.


Inhalt:

"Vom Leben, wie es hätte sein können – und vom großen Glück, dass es anders gekommen ist als gedacht.

Sie sind nicht mehr die Teenager, deren Freundschaft vor einem halben Jahrhundert auf tragische Weise endete. Das wissen Kat und Easy, als sie sich auf Kreta treffen. Aber wer sind sie jetzt, und wer waren sie damals? 1973 wird ihr Jahr. Das schwört Kat ihrer Freundin Easy in der Silvesternacht, und nicht nur, weil sie bekifft sind. In den folgenden Monaten können sie viel von dem abhaken, was auf ihrer Liste steht. Sich zu verlieben, zum Beispiel. Unglücklicherweise in denselben Mann: Fripp arbeitet im Jugendzentrum, trägt karierte Hemden und kennt sich mit Hesse aus. Doch es ist nicht etwa die Eifersucht, die ihrer Freundschaft bald darauf ein jähes Ende setzt, sondern ein tragischer Unfall. Fast fünfzig Jahre später erhält Kat, die einen erfolgreichen Blog für Lebensberatung führt, eine Nachricht von Easy. In einem alten Haus an der Südküste Kretas treffen sie sich wieder und nehmen zwischen ausschweifenden Festen mit griechischen Nachbarn und rauschhaften Nächten am Strand das große Stück Leben in den Blick, das hinter ihnen liegt. Doch erst, als ein überraschender Besucher auf die Insel kommt, ist es ihnen möglich, sich der entscheidenden Frage zu stellen: Warum nur haben sie so unterschiedliche Erinnerungen an die Zeit mit Fripp? Mit einzigartigem Humor und psychologischer Scharfsicht erzählt Susann Pásztor von den wundervollen und schrecklichen Unwägbarkeiten des Lebens, und der Kunst, ihnen zu begegnen."

Quelle: https://www.kiwi-verlag.de/buch/susann-pasztor-die-geschichte-von-kat-und-easy-9783462052817

 

Über das Buch:

Verlag: Kiepenheuer&Witsch
Erscheinungstermin: 06.05.2021
272 Seiten
ISBN: 978-3-462-05281-7
20,00 €

 

 

Sonntag, 2. Mai 2021

Juli Zeh - Über Menschen

 

Warum es sich zu lesen lohnt:

Juli Zeh ist so verdammt klug und ich habe nahezu jedes Buch von ihr gelesen. Auf dieses war ich deswegen besonders gespannt, weil es brandaktuell ist und die Coronapandemie thematisiert. 

Dora lebt, gemeinsam mit ihrem Partner Robert, in Berlin. Zu Beginn des Lockdowns wird ihr Robert immer fremder. Schon zuvor fand sie seinen überambitionierten Klimaschutzaktivismus anstrengend, durch Corona wurde das Zusammenleben unerträglich, weil Robert die Maßnahmen so ernst nahm, dass er Dora am liebsten verboten hätte das Haus zu verlassen.

"Was war aus der Gewissheit geworden, dass es keine absoluten Gewissheiten gibt, weshalb an allem gezweifelt, über alles gesprochen und gestritten werden muss? Dora verstand nicht, woher Robert das sichere Gefühl für die Überlegenheit seines Lebensstils nahm."
Schließlich kauft sich Dora ein verlassenes Haus auf dem Land, trennt sich von Robert und zieht raus aus der Stadt, rein in die Provinz. In diesem kleinen Dorf muss Dora die Erfahrung machen, dass Haltungen, politische Gesinnung und Überzeugungen nur noch sehr wenig zählen, wenn plötzlich ein Mensch vor einem steht und man (weil es der neue Nachbar ist) Einblick in sein Leben erhält und ihn kennen lernt. Der neue Nachbar stellt sich als Dorfnazi vor, allein das ist für Dora ein Grund ab sofort kein Wort mehr mit ihm zu sprechen. Aber genau jener Nachbar hat auch eine andere Seite, eine liebenswerte Seite. Dora ist innerlich zerrissen. Sie kann seine Weltanschauung nicht akzeptieren, aber vielleicht kann sie sie tolerieren, weil sie einen Blick hinter die Kulissen (in diesem Fall die Mauer, die die beiden Grundstücke voneinander trennt) wirft.

"In Zeiten von George Floyd geht sie mit einem Nazi zum Fest. Es gelingt ihr einfach nicht, eine Haltung zu finden. Vielleicht, denkt Dora, ist das Einnehmen von Haltungen nur so lange richtig und wichtig, wie man die Dinge aus sicherer Distanz betrachte."
Die Distanz kann Dora zunehmend weniger wahren, weil sie schnell Teil des Dorfes wird, sich um die Tochter des Dorfnazis Gote kümmert und eine schmerzhafte Erfahrung über die Zerbrechlichkeit des Lebens machen muss. Juli Zeh zeigt in ihrem Roman, dass es nicht nur Schwarz und Weiß gibt, sondern so viel dazwischen. Es gibt nicht die eine Wahrheit, sondern so viele Wahrheiten.

"Alles wirbelt durcheinander wie Teile eines Puzzles, das jemand mutwillig in die Luft geworfen hat. Dora bekommt kein klares Bild vor Augen. Ihr fehlt der Standpunkt. Ohne Standpunkt gibt es keine Ordnung. Ohne Standpunkt bleibt die Welt chaotisch und unverständlich, und das schmerzt so sehr, dass sie es kaum ertragen kann. Also tut sie, was alle Verwirrten in orientierungslosen Zeiten tun: Sie sucht Wahrheit in Information."

Dora muss sich hinterfragen und merkt, wie anstrengend es ist, wenn die eigenen Vorstellungen und Haltungen auf den Kopf gestellt werden:

"Sie hat angefangen, sich zu fragen, was andere Menschen wählen. Was in den Geheimkammern ihrer Gehirne vor sich geht, während sie ihre Kinder abholen oder einkaufen fahren. Fest steht, dass alle Angst haben und dabei meinen, dass nur die eigene Angst die richtige sei. Die einen fürchten sich vor Überfremdung, die anderen vor der Klimakatastrophe. Die einen vor Pandemien, die anderen vor der Gesundheitsdiktatur. Dora fürchtet, dass die Demokratie am Kampf der Ängste zerbricht. Und genau wie alle anderen glaubt sie, dass alle anderen verrückt geworden sind. Das ist so verdammt anstrengend. Wie viel einfacher wäre es, eine Seite zu wählen."
Wie auch in ihrem Roman "Unter Leuten" gelingt es der Autorin, dass sich  die Geschehnisse im Dorf auf die gesamte Gesellschaft übertragen lassen. Das macht das Buch für mich so grandios und lesenswert, besonders in dieser Zeit, wo wir intensiv damit konfrontiert werden, dass es mehr als eine Wahrheit gibt und wir das "Nichtwissen" aushalten müssen. 

Inhalt:

"Dora ist mit ihrer kleinen Hündin aufs Land gezogen. Sie brauchte dringend einen Tapetenwechsel, mehr Freiheit, Raum zum Atmen. Aber ganz so idyllisch wie gedacht ist Bracken, das kleine Dorf im brandenburgischen Nirgendwo, nicht. In Doras Haus gibt es noch keine Möbel, der Garten gleicht einer Wildnis, und die Busverbindung in die Kreisstadt ist ein Witz. Vor allem aber verbirgt sich hinter der hohen Gartenmauer ein Nachbar, der mit kahlrasiertem Kopf und rechten Sprüchen sämtlichen Vorurteilen zu entsprechen scheint. Geflohen vor dem Lockdown in der Großstadt muss Dora sich fragen, was sie in dieser anarchischen Leere sucht: Abstand von Robert, ihrem Freund, der ihr in seinem verbissenen Klimaaktivismus immer fremder wird? Zuflucht wegen der inneren Unruhe, die sie nachts nicht mehr schlafen lässt? Antwort auf die Frage, wann die Welt eigentlich so durcheinandergeraten ist? Während Dora noch versucht, die eigenen Gedanken und Dämonen in Schach zu halten, geschehen in ihrer unmittelbaren Nähe Dinge, mit denen sie nicht rechnen konnte. Ihr zeigen sich Menschen, die in kein Raster passen, ihre Vorstellungen und ihr bisheriges Leben aufs Massivste herausfordern und sie etwas erfahren lassen, von dem sie niemals gedacht hätte, dass sie es sucht.

Juli Zehs neuer Roman erzählt von unserer unmittelbaren Gegenwart, von unseren Befangenheiten, Schwächen und Ängsten, und er erzählt von unseren Stärken, die zum Vorschein kommen, wenn wir uns trauen, Menschen zu sein."
 

Über das Buch:

 

Hardcover mit Schutzumschlag, 416 Seiten, 13,5 x 21,5 cm
ISBN: 978-3-630-87667-2
Erschienen am  22. März 2021 
Verlag: Luchterhand
22,00 €
 


Freitag, 9. April 2021

Tessa Hadley - Hin und zurück


 

Warum es sich zu lesen lohnt:

 
Tessa Hadley erzählt die Geschichte von Paul und Cora, die nach einer kurzen Begegnung im Zug  eine Affäre miteinander beginnen. Der erste Teil des Buches handelt von Paul und seinem Leben, im zweiten Teil lernt man Cora und ihre Geschichte kennen.

Paul lebt in zweiter Ehe und muss sich plötzlich um seine erwachsene Tochter Pia aus erster Ehe kümmern, die verschwunden und schwanger ist. Er versucht sie zu retten und zieht sogar für eine Weile bei ihr und ihrem zwielichtigen Freund ein. Die Dynamik, die zwischen Vater und Tochter entsteht, fand ich sehr gelungen beschrieben. 

Cora lässt London und eine unglückliche Ehe hinter sich und richtet sich das geerbte Haus ihrer Kindheit her, um darin zu wohnen. Sie nimmt eine Teilzeitstelle in einer Bibliothek an und versucht sich an einem Neuanfang.
 
Sowohl Paul, als auch Cora, haben kürzlich ein Elternteil verloren und denken über ihr Leben, ihre Wünsche und Sehnsüchte nach. Besonders bei Paul hatte ich oft den Eindruck, dass er in einer Midlife-Crisis steckt. Die Affäre nimmt nur einen sehr kleinen Teil des Romans ein, aber sie hallt in beiden Leben nach und es schwingt die Frage mit, wie die Leben verlaufen wären, wenn sie die Affäre nicht beendet hätten.
 
Mit diesem Roman habe ich mir ein wenig schwer getan, es ist mir nicht gelungen, einen Zugang zu den Figuren zu finden. Besonders Paul blieb mir über das ganze Buch hinweg unsympathisch. Dennoch habe ich es immer wieder zur Hand genommen und auch recht schnell ausgelesen. Die Autorin erzählt langsam und mit Bedacht, wenn man sich darauf einlässt, ist es ein lohnenswertes Leseerlebnis.
 


Inhalt:


"Vor drei Jahren sind sie einander begegnet, hatten eine Affäre, aber ihre Wege haben sich wieder getrennt. Paul, der verheiratete Schriftsteller aus Wales, fährt nach London zu seiner Tochter Pia, die irgendwo in der englischen Hauptstadt verschwunden ist. Er will sie retten, glaubt er, und merkt nicht, dass sein eigenes Leben aus den Fugen geraten ist.

Cora fährt in die Gegenrichtung, nach Cardiff, zum Haus, das sie von ihren Eltern geerbt hat. Sie flüchtet aus ihrer unglücklichen Ehe, aus ihrem Londoner Leben, das sie als einzige Enttäuschung empfindet. Dann bekommt sie einen Anruf: Ihr Mann sei verschwunden.
Und alles, was gewiss schien, gerät ins Wanken. Wie durch ein Wunder haben sich Paul und Cora einst im selben Zug kennengelernt. Doch die lange Reise, die das Leben bedeutet, ist
vor allem durch ständige Verspätungen und verpasste Anschlüsse bestimmt. Und auf dem Fahrschein scheint die Destination zu fehlen."

Quelle: https://kampaverlag.ch/tessa-hadley-hin-und-zurueck/

 

Über das Buch:


Hin und zurück
Originaltitel: The London Train
Roman
Aus dem Englischen von Brigitte Jakobeit
368 Seiten | Gebunden
€ (D) 22,–
ISBN 978 3 311 10056 0
Verlag: Kampa Verlag

Dienstag, 6. April 2021

Dalai Lama & Desmond Tutu & Douglas Abrams - Das Buch der Freude

 


Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Zwei Freunde treffen sich und sprechen über das Wesen der wahren Freude und die Hindernisse auf dem Weg dorthin. Es sind zwei ältere, weise Herren, die sich da unterhalten und sie sind nicht nur Freunde, sondern auch wichtige Vertreter von zwei verschiedenen Weltreligionen: Dem Buddhismus und dem Christentum.

Natürlich unterscheiden sich diese beiden Religionen und der Dalai Lama und Desmond Tutu sind sich auch nicht immer völlig einig, aber im Kern sind sie dann doch einer Meinung und sprechen mit viel Humor, Respekt und Zuneigung über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede ihrer Religionen. Beide haben in ihrem Leben Leid erfahren und wissen, wovon sie sprechen, wenn sie sagen:
"Leid lässt sich nicht vermeiden, erklärten sie während der gemeinsamen Woche, aber wie wir dem Leid begegnen, das ist unsere eigene freie Entscheidung. Keine Besatzung oder andere Unterdrückung kann uns dieser Freiheit berauben."

Immer wieder zeigen sie auf, dass wahres Mitgefühl unser Leid lindern und die Welt verändern kann:

"Denn wenn wir das Leiden anderer anerkennen und damit begreifen, dass wir nicht allein sind, dann vermindert sich unser Schmerz."  

Der Dalai Lama und Desmond Tutu verbringen fünf Tage zusammen. Sie erleben diese Tage in dem Gefühl tiefer Freundschaft und gegenseitigem Respekt und verabschieden sich am Ende in dem Wissen, dass sie sich in diesem Leben sehr wahrscheinlich nicht mehr wiedersehen werden. Die Freundschaft der beiden Männer hat mich tief berührt. 

Am Ende des Buches befindet sich eine Sammlung spiritueller Übungen. Es sind Übungen aus dem Buddhismus und dem Christentum, die ich sehr gut ausgewählt und umsetzbar finde. So bleibt das Buch nicht theoretisch, sondern liefert auch eine Möglichkeit auszuprobieren, ob man selbst durch diese Übungen dem Zustand der Freude näher kommen kann.

Mich hat das Buch, besonders in der aktuellen Situation der Coronapandemie, sehr angesprochen und mir andere, tröstende Sichtweisen aufgezeigt. Klare Leseempfehlung von mir, ein echtes Herzensbuch.


Inhalt:

"Sie sind zwei der bedeutendsten Leitfiguren unserer Zeit: Seine Heiligkeit der Dalai Lama und Erzbischof Desmond Tutu. Obwohl ihr Leben von vielen Widrigkeiten und Gefahren geprägt war, strahlen sie eine Zuversicht und Freude aus, die durch nichts zu erschüttern ist. In diesem Buch vereinen die »Brüder im Geiste« ihre immense Lebenserfahrung und die Weisheit ihrer Weltreligionen zu einer gemeinsamen Erkenntnis: Es ist die innere Freude, die unserem Dasein Liebe und Sinn verleiht – und zugleich Hoffnung und Frieden in unsere unsichere Welt bringt."
 

 

Über das Buch: 


Aus dem Amerikanischen von Helmut Dirlamm und Friedrich Pflüger
Originaltitel: The Book of Joy
Originalverlag: Lotos
Verlag: Heyne 
Paperback , Broschur, 384 Seiten, 13,5 x 20,6 cm, 14 s/w Abbildungen
ISBN: 978-3-453-70368-1
Erschienen am 08. April 2019
14,00 €
 

 

Sonntag, 28. März 2021

Salih Jamal - Das perfekte Grau

Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Ein Roman über vier Menschen, die auf der Flucht sind. Auf der Flucht vor der Polizei, auf der Flucht vor schrecklichen Kindheitserinnerungen, auf der Flucht vor sich selbst. Mimi, Novelle, Rofu und Dante haben zwar verschiedene Gründe ihre Heimat hinter sich zu lassen, aber sie alle kennen die Gefühle, die das auslöst:

"Flucht ist ein ständiges Zerplatzen von Träumen, ein Wechselbad aus Angst vor jedem neuen Aufbruch in etwas Unbekanntes und der Hoffnung, das es dort nicht mehr so schwer sein wird. Flucht ist keine Scheißreise! Flucht ist nichts anderes als das Wort Fluch mit einem Kreuz am Ende, so wie auf euren Friedhöfen."

Sie begegnen sich in einem Hotel an der Ostsee, welches seine besten Zeiten bereits hinter sich hat und gemeinsam brechen sie von dort auf. Nach und nach lernen sie sich immer besser kennen und erfahren die Lebensgeschichten der anderen. Sie zeigen sich von ihren verletzlichen Seiten, sie streiten, sie haben Mitgefühl, schütteln den Kopf übereinander, stehen füreinander ein, sind genervt und werden schließlich Freund*innen.  

Salih Jamal spricht in seinem Buch Themen wie Flucht, Heimat, Gewalt und Ausbeutung an. So ist es kein romantischer Roadtrip auf dem die vier Protagonisten sich befinden, sondern die Suche nach einem besseren Leben. Dennoch gibt es auch immer wieder witzige Dialoge zwischen den sehr unterschiedlichen Figuren.

Mir hat das Buch sprachlich sehr gefallen, es sind Lebensweisheiten darin enthalten, die der Autor locker in die Dialoge einfliessen lässt und die dennoch nachdenklich machen: 

So fragt Dante Mimi, die seit Jahren im Untergrund lebt, weil sie ihren gewalttätigen Mann umgebracht hat, was sie die ersten Jahre gemacht hat, in ihrem Versteck und was sie hat weiterleben lassen:

""Ich habe gelesen", antwortete Mimi, "und ich lernte zu kochen.(...)Zuerst fing ich ganz automatisch an zu lesen. Um die Zeit totzuschlagen. Doch dann, als der Puls der Stunden tatsächlich immer leiser wurde, bis er fast ganz verstummte, öffnete sich in den Büchern eine geheime Tür, durch die ich in Welten schritt, ohne dass ich mich fortzubewegen brauchte, und schließlich ist die Welt zu mir gekommen. Lesen ist wie Reisen im Kopf. Es hat mich gerettet. Bücher haben mich davor bewahrt, verrückt zu werden. Bücher und Kochen.""

 

Inhalt:

"Das ist die Geschichte von Novelle, Rofu, Mimi und von mir. Rofu hat nur ein Ohr und ist über das Meer gekommen. Aus Afrika. Mimi ist Engländerin. Sie hat ihren Mann umgebracht, nun versteckt sie sich unter Perücken und hinter dunklen Brillen. Novelle ist noch sehr jung. Sie liebt Mangas und die Sauferei. Manchmal fährt sie einfach aus der Haut oder sie hört Stimmen. Den komischen Namen hat sie von ihrer Mutter. Als unsere Geschichte damals losging, wusste ich das alles noch nicht. Ich, ich heiße Ante, aber alle nennen mich Dante. Wegen des Infernos. Ich bin, genau wie die anderen, auch auf der Flucht.

Ich glaube, vor mir selbst.

Alles fing damit an, dass zwei Polizisten wegen Mimi in dem Hotel, in dem wir gearbeitet hatten, auftauchten. Ich könnte jetzt noch erzählen, wie Novelle verschwunden und wieder aufgetaucht ist, was wir in Berlin getrieben haben oder wie wir Erleuchtung beim Pilgern nach Altötting erlangten. Aber darum geht es in der Geschichte ja eigentlich gar nicht. Es geht nämlich darum, dass wenn wir schon vor irgendwem oder irgendetwas fliehen, wir uns besser nicht vor unseren Dämonen wegducken sollten. Weil man sonst immer ein Geflüchteter bleiben wird und niemals wo ankommt.

Und es geht auch um Heimat, die wie eine Haut ist."

Quelle: http://www.septime-verlag.at/Buecher/buch_das_perfekte_grau.html

 

Über das Buch:

Gebunden mit Schutzumschlag, Lesebändchen
240 Seiten
Preis: 22,90 € [D]
ISBN: 978-3-99120-001-7
Verlag: Septime Verlag