Sonntag, 5. September 2021

Doris Knecht - Die Nachricht

 

Warum es sich zu lesen lohnt:

 
Ruth wird Opfer von digitaler Gewalt, sie erhält anonyme Nachrichten, in denen sie niedergemacht, beleidigt und beschimpft wird. Zunächst versucht sie die Nachrichten zu ignorieren, da sie jedoch zunehmend mehr Details aus ihrem Leben beinhalten, die ein*e Fremde*r nicht wissen kann, wird es immer unheimlicher und belastender für Ruth, denn die Person muss aus ihrem näheren Umfeld kommen. Diese Einsicht lähmt sie und macht ihr  Angst. Ihr Freundeskreis reagiert zum Teil mit wenig Verständnis, sie fühlt sich allein gelassen mit ihren Nöten und Ängsten. Der Autorin gelingt es, eine beklemmende Stimmung aufzubauen und aufzuzeigen, dass digitale Gewalt jede*n treffen kann.

Es geht nicht nur um die Nachrichten, die Ruth erhält, sondern auch um das Leben, welches sie sich nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes vor vier Jahren aufgebaut hat. Sie verliebt sich das erste Mal neu und stellt erst nach und nach fest, dass ihr die Beziehung nicht gut tut. Obschon sie eine reflektierte und selbstbewusste Frau ist, fällt sie immer wieder auf die oft sehr grausamen Spielchen des Mannes herein, der sie sehr in seinen Bann zieht.
 
Es geht auch um die Beziehung zu ihren Kindern, zu ihrer Stieftochter, Freunden und der Verarbeitung des Verlustes. Die Autorin thematisiert Gewalt gegen Frauen auch auf einer anderen Ebene. Die Stieftochter hat Gewalterfahrungen gemacht und sich für einen klaren Weg im Umgang damit entschieden. Auch hier findet Doris Knecht wieder treffende und ergreifende Worte:
"Es war fraglich und zu unsicher, ob die Gesellschaft sie beschützen würde, es war ein Risiko, das sie nicht eingehen wollte, in dieser Zeit, in der es nicht darauf ankam, ob etwas wahr war, sondern darauf, wer es glaubte und wie viele. Sie rettete sich und ihr Kind, das war ihre Entscheidung."
Ich habe bereits einige Bücher der Autorin gelesen und bin großer Fan, die klare Sprache und ihre Beobachtungsgabe zeichnen ihren Schreibstil aus. Ich kann schnell eine Nähe zu ihren Figuren aufbauen und ihre Bücher haben eine ganz eigene Art von Spannung. Auch diesen Roman habe ich kaum aus der Hand legen können, er hallt noch lange nach, ganz klare Leseempfehlung.

 

Inhalt:

"Eine Frau – eine Nachricht – eine Verunsicherung. In ihrem neuen Roman schreibt Doris Knecht über familiäre Geheimnisse und die fatalen Folgen von Frauenverachtung und digitaler Gewalt

"Die Nachricht" handelt von Frauen, deren Souveränität stets aufs Neue infrage gestellt wird – und von den Lügen, die wir gerade den Menschen erzählen, die uns am nächsten stehen.
Vier Jahre nach dem Tod ihres Mannes lebt Ruth allein in dem Haus auf dem Land, wo die Familie einst glücklich war. Die Kinder haben längst ihr eigenes Leben, während Ruth das Alleinsein zu schätzen lernt. Bis sie eines Tages eine anonyme Messenger-Nachricht bekommt, von einer Person, die mehr über ihre Vergangenheit zu wissen scheint als Ruth selbst.
Doris Knecht schreibt über eine Frau, die plötzlich zur Verfolgten wird, und erweist sich einmal mehr als virtuose Skeptikerin zwischenmenschlicher Beziehungen."

Quelle: https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/die-nachricht/978-3-446-27103-6/


Über das Buch:

 

Erscheinungsdatum: 26.07.2021
256 Seiten
Verlag: Hanser Berlin
Fester Einband
ISBN 978-3-446-27103-6
22,00 €