Sonntag, 24. Oktober 2021

Daniel Speck - Jaffa Road

 

Warum es sich zu lesen lohnt: 

 

Wenn Romane mir geschichtliches Wissen vermitteln und mich neugierig machen, mehr zu erfahren, finde ich das großartig. Dieses Buch hat mich gepackt und mir die Umstände des Nahostkonflikts näher gebracht. Ich habe ziemlich oft nebenher recherchiert, um herauszufinden, ob der Autor geschichtliche Fakten in seinen Roman eingebaut hat oder die Geschehnisse fiktiv sind, weil soviel thematisiert wird, von dem ich wenig bis gar nichts wusste. Die persönlichen Schicksale sind fiktiv, aber die Geschichte ist verdammt nah an der Realität, was zum Teil starke Betroffenheit bei mir ausgelöst hat. Wie wenig ich doch über die Zusammenhänge weiss, von diesem großen und scheinbar unlösbaren Konflikt. 


Daniel Speck spinnt auf über 600 Seiten einen Familienroman über drei Familien, mehrere Generationen, Religionen und Kontinente. Er handelt von dem Beginn des Nahostkonflikts nach dem zweiten Weltkrieg und reicht bis in die Gegenwart hinein. Als Leser*in dürfen wir sowohl eine palästinensische Familie begleiten, die aus ihrem Heimatort Haifa vertrieben wird, als auch eine jüdische Familie, die sich, voller Hoffnung auf einen eigenen Staat und die damit verbundene Sicherheit, in Haifa niederlässt. Und plötzlich werden aus Nachbarn Feinde. 

 

Das herausragende an diesem Buch ist für mich, dass es dem Autor gelingt, die unterschiedlichen Sichtweisen so darzustellen, dass ich alle Handlungen, Entscheidungen und Motive der verschiedenen Romanfiguren nachvollziehen konnte. Ich habe mich zu keiner Zeit auf eine der Seiten gezogen gefühlt, sondern habe den Roman vielmehr als einen Beweis dafür gesehen, dass es verschiedene Wahrheiten gibt und nicht die eine, die für alle gilt. Da ich auch sonst in meinem Leben zunehmend zu dieser Überzeugung komme, hat mich das Buch so begeistert. Wenn man in die Schicksale der einzelnen Personen eintaucht, ist ihr Handeln nachvollziehbar und stimmig. Auch wenn man ihre Taten an sich vielleicht nicht wirklich gutheißt. Eine beeindruckende Leistung hat Daniel Speck hier vollbracht, zumal es sich um Belletristik handelt. 


Unterhaltsam ist das Buch, weil es um Liebe, Freundschaft und Familie geht und sich ein Spannungsbogen entwickelt, dem ich mich nicht entziehen konnte. Die verschiedenen Handlungsstränge fügt der Autor irgendwann geschickt zusammen und springt dabei zwischen Zeitebenen und verschiedenen Perspektiven hin und her. Das macht das Buch faszinierend und toll zu lesen. Übrigens baut es auf sein vorheriges Buch "Piccola Sicila" und die Lebensgeschichte des deutschen Soldaten Moritz Reincke auf. Man muss es nicht unbedingt gelesen haben, um "Jaffa Road" zu verstehen, ich fand es jedoch hilfreich, da ich dadurch noch mehr Hintergrundinformationen über einen Teil der Figuren hatte.

 

Klare Leseempfehlung von mir, eine wirklich bewegende Geschichte, die so viel mehr ist, als Unterhaltung.



Inhalt:


"Nach dem Erfolg von »Piccola Sicilia« nun der neue Roman von Bestseller-Autor Daniel Speck. »Jaffa Road« macht die menschliche Dimension eines der größten Konflikte der Welt emotional erfahrbar.

Der Roman ist eine riesige Weltgeschichtsstunde und dabei so unangestrengt, so leicht und verständlich, dass man einfach begeistert liest.« Jan Weiler
Eine Villa am Meer unter Palmen: Die Berliner Archäologin Nina reist nach Palermo, um das Erbe ihres verschollenen Großvaters Moritz anzutreten. Dort begegnet sie ihrer jüdischen Tante Joëlle - und einem mysteriösen Mann, der behauptet, Moritz’ Sohn zu sein. Elias, ein Palästinenser aus Jaffa.
Haifa, 1948: Unter den Bäumen der Jaffa Road findet das jüdische Mädchen Joëlle ein neues Zuhause. Für das palästinensische Mädchen Amal werden die Orangenhaine ihres Vaters zur Erinnerung an eine verlorene Heimat. Beide ahnen noch nichts von dem Geheimnis, das sie verbindet, in einer außergewöhnlichen Lebensreise rund ums Mittelmeer.
Drei Familien, drei Generationen, drei Kulturen - und ein gemeinsames, bewegendes Schicksal: Mit dem Bestseller ›Piccola Sicilia‹ führt Daniel Speck uns auf eine Reise ins Herz des Mittelmeers. Dieses vielstimmige Panorama der Kulturen erweitert er in seinem neuen Familienroman ›Jaffa Road‹."

 

 

Über das Buch:

 

Verlag: FISCHER Taschenbuch
Erscheinungstermin: 24.03.2021
672 Seiten
ISBN: 978-3-596-70384-5



Montag, 11. Oktober 2021

Chimamanda Ngozi Adichie - Americanah


Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Ich liebe Bücher, durch die ich mit Lebenswelten in Berührung komme, die mir bisher komplett unbekannt waren und mich bereichern.
 
Die Liebesgeschichte von Ifemelu und Obinze beginnt in ihrer Jugend in Nigeria, Lagos. Beide verlassen im jungen Erwachsenenalter ihre Heimat und gehen in ein fremdes Land. Ifemelu geht in die USA, Obinze zieht es nach England. Beide kehren viele Jahre später zurück nach Lagos und blicken auf sehr unterschiedliche Erlebnisse zurück.
 
Die Autorin beschreibt in diesem Roman die Erfahrungen, die die beiden als Migrant*innen in den USA bzw. England machen. Sie findet dabei Worte, durch die ich eine Idee bekommen habe, wie es sein muss und was die Beweggründe dafür sind, seine Heimat zu verlassen und sein Glück so weit weg, in einer anderen Kultur zu suchen. 
"Alexa und die anderen Gäste und vielleicht sogar Georgina verstanden, dass man vor einem Krieg flüchtete, vor der Art Armut, die menschliche Seelen zerdrückte, aber sie würden das Bedürfnis, der bedrückenden Lethargie der Chancenlosigkeit zu entkommen, nie begreifen. Sie verstanden nicht, warum Menschen wie er, die gutgenährt und ohne Durst, aber eingemauert in Unzufriedenheit aufgewachsen waren, die von Geburt an dazu konditioniert waren, auf andere Orte zu blicken, und felsenfest davon überzeugt waren, dass das wahre Leben an diesen anderen Orten stattfand, dass diese Menschen jetzt entschlossen waren, gefährliche Dinge zu tun, illegale Dinge, um zu entkommen. Keiner von ihnen war unterernährt oder ein Vergewaltigungsopfer oder stammte aus einem niedergebrannten Dorf, sie waren einfach nur ausgehungert nach Wahlmöglichkeiten und Sicherheit. "
Sie greift das Thema Rassismus auf und findet auch hier Beschreibungen, die unter die Haut gehen. Die kleinen Alltagsdiskriminierungen, denen Ifemelu und Obinze immer wieder ausgesetzt sind, sind mir sehr nahe gegangen und lassen mich mit einer stärkeren Sensibilität für dieses Thema zurück. Der Autorin gelingt es dennoch mit viel Humor und Leichtigkeit zu schreiben, die großen politischen Themen streift sie beiläufig und geht dennoch in die Tiefe, das hat mich wirklich beeindruckt.

Es gibt Bücher, die lassen mich mit einer tiefen Dankbarkeit für die gewährten Einblicke und geteilten Erfahrungen zurück, dieses Buch ist so eines. Die letzten Seiten habe ich mir regelrecht aufgespart, weil ich nicht wollte, dass es zu Ende geht.

 

Inhalt:

"Eine einschneidende Liebesgeschichte zwischen drei Kontinenten – virtuos und gegenwartsnah erzählt von einer der großen jungen Stimmen der Weltliteratur.

Chimamanda Adichie erzählt von der Liebe zwischen Ifemelu und Obinze, die im Nigeria der neunziger Jahre ihren Lauf nimmt. Dann trennen sich ihre Wege: Die selbstbewusste Ifemelu studiert in Princeton, Obinze strandet als illegaler Einwanderer in London. Nach Jahren stehen sie plötzlich vor einer Entscheidung, die ihr Leben auf den Kopf stellt. Adichie gelingt ein eindringlicher, moderner und hochpolitischer Roman über Identität und Rassismus in unserer globale Welt."

 

Quelle: https://www.fischerverlage.de/buch/chimamanda-ngozi-adichie-americanah-9783596521067

 

Über das Buch:

 
Verlag: FISCHER Taschenbuch
Erscheinungstermin: 27.04.2016
864 Seiten
ISBN: 978-3-596-52106-7
15,00 €
Übersetzt von: Anette Grube