Mittwoch, 7. November 2018

Gianna Molinari - Hier ist noch alles möglich

 

Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Dieses Buch hat mich etwas ratlos zurückgelassen, es war für mich schwer greifbar. Als ich heute mit einer Buchhändlerin über das Buch sprach, fragte sie mich, welchen Leser*innen sie es denn empfehlen könne. Eine weitere Kundin gesellte sich zu uns und wir sprachen dann allgemein über Bücher, in denen eigentlich wenig passiert und in denen eher die Gedanken einer Person die Handlung des Buches ausmachen. Oft sind solche Bücher sprachlich beeindruckend oder sie beschreiben eine besondere Atmosphäre, so ist es auch hier.

Der Roman handelt von einer jungen Frau, die als Eremitin in einer fast leerstehenden Fabrik lebt und arbeitet. Tag für Tag / Nacht für Nacht sitzt sie vor den Überwachungsmonitoren der Fabrik, die schon so gut wie geschlossen ist. Ein paar wenige Sätze wechselt sie mit ihrem Kollegen Clemens, ihrem Chef und dem Koch der Kantine. Ihre Gedanken drehen sich um den Wolf, der auf dem Fabrikgelände gesichtet wurde, um Grenzen und Inseln und um einen afrikanischen Flüchtling, dessen Leiche in einem Waldstück gefunden wurde und der scheinbar als blinder Passagier in einem Flugzeugfahrwerk mitgeflogen ist.

Immer wieder sind Zeichnungen im Buch zu sehen, die die Frau anfertigt und anhand derer sie ihre Gedanken zu Papier bringt. Auch Fotos sind Bestandteil des Buches. Dadurch entsteht stellenweise der Eindruck, man habe es mit ihrem Tagebuch zu tun. 

Die Frau beschäftigt sich mit Realität und Echtheit, nicht immer war mir als Leserin klar, ob sie gerade ihre Wahrheit oder ihre Phantasie beschreibt. Die leerstehende Fabrik ist für sie ein Ort, an dem verschiedene Realitäten möglich werden. Ein Ort, den sie mit ihren Gedanken füllen kann.
"Ich zweifle daran, dass die Sicherheit, in der ich lebe, der Realität entspricht. Ich sehne mich nach Unsicherheit, nach mehr Echtheit vielleicht, nach Wirklichkeit. Ich möchte unterscheiden können, was wichtig ist und was nicht. Ich möchte Teil einer Geschichte sein oder vieler Geschichten zugleich."
Ein anspruchsvolles Buch, welches viel Interpretationsspielraum zulässt. Der Titel passt so gesehen ziemlich gut.

 

Inhalt:

"Eine junge Frau wird als Nachtwächterin in einer Verpackungsfabrik eingestellt. Abend für Abend macht sie ihren Rundgang, kontrolliert die Zäune. Ein Wolf soll in das Gelände eingedrungen sein. Mit jeder Nachtschicht wird die Suche nach dem Wolf mehr zu einer Suche nach sich selbst und zur Frage nach den Grenzen, die wir ziehen, um das zu schützen, woran wir glauben."

Quelle: http://www.aufbau-verlag.de/index.php/hier-ist-noch-alles-moglich.html

 

Über das Buch:

 

Roman
Gebunden mit Schutzumschlag, 192 Seiten
Aufbau Verlag
ISBN 978-3-351-03739-0
18,00 €