Warum es sich zu lesen lohnt:
Schon "22 Bahnen", der erste Roman von Caroline Wahl, war ein Lesehighlight für mich. Aus diesem Grund war ich voller Vorfreude auf "Windstärke 17". Diese wurde noch größer, als klar wurde, dass die Autorin eine Fortsetzung schreibt, die aus der Perspektive von Ida erzählt wird. Ida und Tilda sind bei einer alkoholkranken Mutter aufgewachsen, in "22 Bahnen" erzählt die Autorin die Geschichte aus der Sicht von Tilda. Nun knüpft sie an diese Geschichte an und springt 10 Jahre weiter.
Ida ist inzwischen erwachsen und kürzlich ist die Mutter gestorben. Ida gibt sich die Schuld an dem Tod und findet nachts kaum Schlaf, weil sie Schuldgefühle und Ängste verfolgen. Ihre Schwester, die mittlerweile eine eigene Familie hat und in Berlin lebt, möchte für Ida da sein und versucht an sie heranzukommen, aber Ida stösst sie weg und möchte keinen Kontakt zu ihrer Schwester haben. Eines Tages verlässt sie die Wohnung, in der sie ihr ganzes bisheriges Leben verbracht hat, und macht sich auf den Weg, ohne Ziel. Sie landet auf Rügen und trifft dort auf das ältere Ehepaar Marianne und Knut, bei denen sie wohnen kann und viel Zuneigung erfahren darf. Das Meer tut Ida gut. Schwimmen war schon in der Zeit als Tilda noch Zuhause gewohnt hat wichtig für die beiden Schwestern. Tilda zog immer ihre 22 Bahnen in Freibad, Ida krault durch die eiskalte Ostsee und versucht gegen den Schmerz anzuschwimmen, der tief in ihr drin ist. Ida lernt die Insel kenne, das unberechenbare Meer, den Wind, der manchmal über die Insel fegt. Sie lernt auch Leif kennen und findet ganz langsam ins Leben zurück. Doch das Leben hält schon den nächsten Schicksalsschlag für Ida bereit.
Diese unverkennbare Sprache von Caroline Wahl und ihre Begabung in schwere Themen eine große Portion Zuversicht und Leichtigkeit hineinzubringen, haben mich auch dieses Mal wieder total begeistert. Sie findet Worte für den großen Schmerz mit einer alkoholkranken Mutter aufzuwachsen und den Verlust der Mutter, aber auch ganz viele Worte für Liebe und Verbundenheit. Die Liebe zwischen den Schwestern, die nicht immer einfach ist und die Liebe zwischen Leif und Ida, die sich ganz langsam entwickelt. Ganz besonders berührt hat mich die Verbindung des älteren Ehepaars und Ida und die Bereitschaft füreinander da zu sein, obschon man sich noch nicht lange kennt.
Für die, denen "22 Bahnen" gefallen hat, ist dieser Roman ein Muss. Ich beneide alle, die die Autorin noch nicht kennen, denn für euch gibt es gleich zwei großartige Bücher, in die ihr eintauchen und euch von dieser besonderen Stimmung verzaubern lassen könnt.
Inhalt:
"Ida hat nichts bei sich außer dem alten, verschrammten Hartschalenkoffer ihrer Mutter, ein paar Lieblingsklamotten und ihrem MacBook, als sie ihr Zuhause verlässt. Es ist wahrscheinlich ein Abschied für immer von der Kleinstadt, in der sie ihr ganzes bisheriges Leben verbracht hat. Im Abschiednehmen ist Ida richtig schlecht; sie hat es vor zwei Monaten nicht einmal auf die Beerdigung ihrer Mutter geschafft. Am Bahnhof sucht sie sich den Zug aus, der am weitesten wegfährt – auf keinen Fall will sie zu ihrer Schwester Tilda nach Hamburg –, und landet auf Rügen. Ohne Plan, nur mit einem großen Klumpen aus Wut, Trauer und Schuld im Bauch, streift sie über die Ostseeinsel. Und trifft schließlich auf Knut, den örtlichen Kneipenbesitzer, und seine Frau Marianne, die Ida kurzerhand bei sich aufnehmen. Zu dritt frühstücken sie jeden Morgen Aufbackbrötchen, den Tag verbringt Ida dann mit Marianne, sie walken gemeinsam durch den Wald oder spielen Skip-Bo, abends arbeitet Ida mit Knut in der »Robbe«. Und sie lernt Leif kennen, der ähnlich versehrt ist wie sie. Auf einmal ist alles ein bisschen leichter, erträglicher in Idas Leben. Bis ihre Welt kurz darauf wieder aus den Angeln gehoben wird.
Nach ihrem gefeierten Debüt ›22 Bahnen‹ erzählt Caroline Wahl in ihrem unverwechselbaren Sound nun, wie Ida es mit dem Leben aufnimmt. Ein aufwühlender, intensiver und dabei ungemein tröstlicher Roman über Töchter, Schwestern und Mütter, über vermeintliche Schuld und das Verzeihen – sich selbst und den anderen."
Quelle: https://www.dumont-buchverlag.de/buch/caroline-wahl-windstaerke-17-9783832168414-t-5898