Sonntag, 21. Juli 2024

Beatrice Salvioni - Malnata

 

 

Warum es sich zu lesen lohnt:

 

Vom ersten Augenblick an fühlt sich die brave, wohlerzogene Francesca von der unabhängigen und furchtlosen Malnata magisch angezogen. Wer ist dieses wilde Mädchen, vor der sie alle warnen und deren dunkle Augen so ganz anders auf die Welt zu blicken scheinen, als das für Mädchen in ihrem Alter üblich ist.

Als sich Francesca mit Malnata anfreundet, erfährt sie, dass diese eigentlich Maddalena heißt. Sie lernt nicht nur das mutige Mädchen, sondern auch deren ganze Familie kennen. Einen Vater hat Maddalena nicht, dafür ist sie die Anführerin einer Bande von Jungs, mit denen sie den meisten Teil des Tages am und im Fluss verbringt. Ihr ist es egal, was andere Menschen von ihr denken. Für Francesca tut sich eine neue Welt auf, sie ist Tochter aus besserem Hause und soll sich an viele Benimmregeln halten. Bei ihren Eltern geht es oft darum, was die anderen denken. Zwischen den beiden Mädchen entwickelt sich, vor dem Hintergrund des faschistischen Italiens in den 30er Jahren, eine ganz besondere Freundschaft. In dieser grausamen Zeit konnten Frauen wenig selbst bestimmen und wurden oft Opfer von Unterdrückung. Das beschreibt die Autorin in einigen Szenen schonungslos und offen.

Der Aberglaube des Dorfes stigmatisiert Maddalena, sogar die Erwachsenen haben Angst vor  ihr und sind überzeugt, dass sie eine Unheilbringerin ist. Francesca kennt die Geschichten um ihre Freundin, manchmal machen sie ihr zwar Angst, doch die Zuneigung zu ihr überwiegt.

Eine ganz große Leseempfehlung für diesen feministischen Roman, in dem sich zwei sehr junge Freundinnen den patriarchalen und faschistischen Strukturen widersetzen.

 

Inhalt:

"Unter der sengenden Sonne der Lombardei im Jahr 1935 begegnet Francesca zum ersten Mal Maddalena, die von allen im Ort nur »Malnata« genannt wird: »Die Unheilbringende«. Francesca – zu Konformität und Gehorsam erzogen – ist sofort fasziniert von dem barfüßigen Mädchen, dessen Hände immer schmutzig sind, die Augen voller Trotz. Entgegen allen Warnungen freundet sich Francesca mit Maddalena an und lernt mit der Zeit, den Lügen der Erwachsenen zu misstrauen. Doch in einer Gesellschaft, die keinen Platz hat für weibliches Freiheitsdenken, ist jedes falsche Wort und jede unfolgsame Tat eine Gefahr …"

 

Quelle: https://www.penguin.de/buecher/beatrice-salvioni-malnata/buch/9783328602712


Über das Buch:

 

Hardcover mit Schutzumschlag, 272 Seiten
Erschienen am: 15.05.2024

Originaltitel: La Malnata
Übersetzung: Aus dem Italienischen von Anja Nattefort 
ISBN: 978-3-328-60271-2
Verlag: Penguin


Sonntag, 7. Juli 2024

Jan Costin Wagner - Einer von den Guten


Warum es sich zu lesen lohnt:

Jan Costin Wagner traut sich in diesem Roman an ein Tabu heran. Der Kriminalermittler (der gegen Sexualdelikte ermittelt) hat eine Frau und eine Tochter, die er sehr liebt. Er ist ein guter Freund und aufmerksamer Kollege...und: Er ist pädophil und lebt ein Doppelleben. Uff. Harte Kost.

Ich mag Bücher, die uns zeigen, dass Menschen nicht nur "das eine" oder "das andere" sind.  Der Autor erschafft eine Hauptfigur die große Widersprüche in sich vereint. Eine Hauptfigur, die ein liebender Familienvater ist  und gleichzeitig ein Mann, der sexuelle Handlungen gegen Bezahlung an einem 13-jährigen Jungen ausführt. Geht das überhaupt? Wie kann ein solch schreckliches Fehlverhalten neben einer Normalität existieren?  Diese Frage zieht sich durch das ganze Buch hindurch und hallt noch immer in meinem Kopf nach.

Abwechselnd dürfen wir als Leser*innen an den Gedanken von dem Ermittler und Täter Ben und dem rumänischen Jungen und Opfer Adrian teilhaben. Das macht das Buch unglaublich spannend und übt einen regelrechten Sog aus. Ben redet sich ein, dass er den Jungen zu nichts zwingt. Adrian hat gelernt, wie er die Erfahrungen, die er in den Autos fremder Männer sammelt, von sich als Person trennt.

Das Buch ist harte Kost und man muss schon ein bisschen schauen, ob und wann man es lesen mag und kann. Ich finde es wichtig, dass mit Tabuthemen gebrochen wird,  dem Autor gelingt es hier in einer schonungslosen und dennoch feinfühligen Weise. Für mich ein Lesehighlight. 


Inhalt:

"Ben Neven, leitender Kriminalermittler, glücklich verheiratet, Familienvater, von Kolleginnen und Kollegen hochgeschätzt, ist einer von den Guten. Niemand weiß von seinem Doppelleben, niemand weiß, dass Neven einmal wöchentlich einen Parkplatz weit von zu Hause ansteuert. Um dort Adrian zu treffen, einen minderjährigen Jungen.

Während der Sommer verblasst und der Herbst anbricht, verstrickt sich Neven immer tiefer und auswegloser im Dickicht seines ungeheuerlichen Doppellebens. Und Adrian lernt die gleichaltrige Vera kennen, die ihm ein ganz anderes Leben zeigt. Ein Leben, das er nicht kannte und das er vor seinem Vater, der ihn zur Prostitution zwingt, verbergen muss.

Sowohl Ben als auch Adrian müssen radikale Entscheidungen treffen, um die unhaltbare Situation zu ändern. Doch jeder Schritt ist ein Schritt am Abgrund. Wenn Neven sich jemandem anvertraut, steht seine Existenz auf dem Spiel. Und Adrian müsste sich von seinen Wurzeln und seinem alten Leben komplett lossagen. Werden sie einen Ausweg finden? Und wenn ja, um welchen Preis? 

Eine fein austarierte, hochmoralische Meditation über Menschen am Abgrund, die uns nach dem letzten Satz sprachlos und doch mit geschärftem Blick zurücklässt."

Quelle: https://www.kiwi-verlag.de/buch/jan-costin-wagner-einer-von-den-guten-9783869712604


Über das Buch:

 

Verlag: Galiani-Berlin
Erscheinungstermin: 17.08.2023
208 Seiten
ISBN: 978-3-86971-260-4
23,00 €